Gehirnerschütterung

Handlungsbedarf: Kopfkollisionen beim Fußball

Beim Fußball geht es nicht zimperlich zu und Verletzungen sind an der Tagesordnung. Doch wie steht es mit der medizinischen Betreuung? Erhalten die Spieler immer alle notwendigen Untersuchungen? Der Neurochirurg Michael Cusimano vom St. Michael’s Hospital in Toronto hat sich speziell dem Thema Kopfkollisionen angenommen und kommt im Amerikanischen Ärzteblatt zu erschreckenden Zahlen.

So stellt Cusimano fest, dass mehr als 60 Prozent der Sportler bei der letzten Fußball-Weltmeisterschaft nach Kopfkollisionen nicht die von der FIFA vorgesehene medizinische Betreuung erhalten hätten.

Der Neurochirurg hatte sich die Aufzeichnungen aller 64 Spiele der FIFA-WM in Brasilien angeschaut und ausgewertet. Ergebnis: 81 Spieler gingen bei Kopfkollisionen zu Boden. Gleich weiterspielen konnten nach dem Zusammenstoß nur wenige Kicker.

Cusimano bemerkte bei den meisten Spielern einen oder mehrere Hinweise, die auf eine mögliche Hirnerschütterung deuteten. Dazu zählen z. B. eine vorübergehende Bewusstlosigkeit, krampfartige Bewegungen, vorübergehenden Orientierungsverlust oder Taumeln aufgrund von Gleichgewichtsstörungen.

Bei 14 Spielern konnte Cusimano in der Aufzeichnung keines oder nur ein Zeichen einer möglichen Gehirnerschütterung erkennen. Bei 45 Spielern fand er zwei Hinweise und bei 22 Spielern sogar drei oder mehr.

Und wie ging man mit diesen Spielern um? Wurden sie angemessen medizinisch untersucht?

Cusimanos Analyse zeigt: Bei 12 Kickern fand ein medizinischer Check am Spielfeldrand statt. Dauer: im Durchschnitt nur 107 Sekunden. Weitere 45 Spieler wurden auf dem Spielfeld vom Gesundheitspersonal, Mitspielern oder vom Schiedsrichter „untersucht“. 21 Spieler erhielten keinerlei Untersuchungen – darunter 11 Spieler, die zwei oder mehr Zeichen einer Hirnerschütterung zeigten. Sie durften sofort weiterspielen.

Lediglich 3 Spieler wurden aus dem Spiel genommen, allerdings durfte einer nach kurzer medizinischer Untersuchung am Spielfeldrand weiterspielen.

Von den 81 Spielern, die insgesamt bei Kopfkollisionen zu Boden gingen, wurden nur 19 später durch die Vereinsärzte als verletzt gemeldet.

Cusimano sieht darin einen Verstoß gegen die Regeln der FIFA, die ohenhin im Vergleich zu Eishockey und American Football weit zurückblieben. Hier würden ausgebildete Beobachter eingesetzt, die auf mögliche Kopfverletzungen achten und die Spieler vom Spielfeld nehmen ließen, damit sie untersucht werden könnten.

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