Ernährungsformen im Trend

Mammutsteaks? Oder nur gefallene Früchtchen?

Vegetarier, Veganer, Frutarier, Flexitaner, Paleoaner, Rohkostler, Clean Eater: Abseits von McDonald´s und Mutters Küche haben sich zahlreiche Ernährungsformen etabliert, die immer mehr Zulauf finden. Die einen schwören auf eine fleischfreie Ernährung, andere möchten am liebsten nur Fleisch essen, wiederum andere lehnen erhitzte Lebensmittel ab.

Die Lebensmittelindustrie reagiert auf die neuen Ernährungskonzepte und bringt immer mehr Angebote auf den Markt. Doch welchen Einfluss haben die verschiedenen Ernährungsformen auf die Gesundheit? Eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums mit gesundheitsbewusst lebenden Menschen hat z. B. ergeben, dass Vegetarier – im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt – ein etwa 30 Prozent geringeres Risiko hatten, an einer ischämischen Herzkrankheit (z. B. Herzinfarkt) zu sterben, und dass sich mit steigendem Konsum von Fleisch, Wurst und Co. das Risiko erhöhte, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben.

Interessante Ergebnisse. Die Deutschen essen offensichtlich zu viel Fleisch, denn ein weiteres Studienergebnis zeigt, dass eine ausgewogene Mischkost mit gelegentlichem, moderatem Fleischkonsum die gesündeste Form der Ernährung ist.

Was, weshalb und wie wir essen, ist ein zentraler Lebensinhalt für viele geworden, und oft wird die eigene Philosophie mit missionarischem Eifer in die Welt hinausgetragen …

Wir stellen Ihnen hier verschiedene Ernährungskonzepte vor.

Alles-Esser
Die meisten Deutschen sind Alles-Esser. Im Sinne der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ernähren sie sich am besten, weil am ausgewogensten. Die DGE empfiehlt eine vollwertige Ernährungsweise mit Obst, Gemüse, Getreide, Milchprodukten, Fisch und Fleisch.

Die Experten gehen davon aus, dass uns keine einzelne Lebensmittelgruppe umfassend mit allen lebenswichtigen Nährstoffen, Vitaminen etc. versorgen kann, und raten deshalb zu einer Kombination aller Lebensmittel. Täglich fünf Portionen Obst oder Gemüse, reichlich Getreide, täglich Milchprodukte und ein- bis zweimal in der Woche Fisch oder Fleisch sollten auf einem gesunden Speiseplan stehen.

Vegetarier
Vegetarier essen weder Fisch noch Fleisch. Laut Vegetarierbund (VEBU) sind das mittlerweile ca. 7,8 Millionen Menschen in Deutschland. Aber Vegetarier ist nicht gleich Vegetarier: Es gibt z. B. auch sogenannte Ovo-Lacto-Vegetarier, diese essen zwar kein Fleisch, tierische Produkte – wie Eier, Käse, Honig und Milch – aber schon. Dadurch sind bei ihnen auch keine ernährungsbedingten Mangelerscheinungen zu erwarten, da sie über den Verzehr von Eiern und Milchprodukten viele wichtige Nährstoffe aufnehmen. „Klassische“ Vegetarier müssen diese unter Umständen substituieren.

So z. B. Vitamin B12, denn dieses Vitamin ist fast ausschließlich in tierischen Produkten enthalten. Auch die Deckung des Eisenbedarfs ist bei einer vegetarischen Lebensweise nicht sichergestellt, da Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln nicht so gut aufgenommen wird wie aus tierischen Nahrungsmitteln. Vegetarier sollten zudem auf eine ausreichende Versorgung mit Jod, Kalzium, Riboflavin, bestimmte Fettsäuren und Zink achten. Hierzu werden viele Produkte und Präparate angeboten, die die mögliche Mangelversorgung ausgleichen können.

Eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) hat ergeben, dass Vegetarier ein deutlich reduziertes Sterblichkeitsrisiko gegenüber Menschen mit einem sehr hohen Fleischkonsum haben. Während in der Gruppe der Alles-Esser 100 Menschen starben, waren es bei den Vegetariern lediglich 59 im gleichen Zeitraum. Am gesündesten lebten laut dieser Studie jedoch die Menschen, die gelegentlich Fleisch in ihren Speiseplan integrieren, was die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung widerspiegelt.

Vegetarier sind insgesamt sehr körper- und gesundheitsbewusst. Übergewicht und Herzkrankheiten sind bei ihnen sehr selten. Die fett- und cholesterinarme pflanzliche Ernährung ist z. B. eine etablierte Therapiesäule bei Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Fettsucht mit all ihren Konsequenzen.

Veganer
Die ca. 900.000 Veganer in Deutschland lehnen alle Produkte tierischer Herkunft ab: Fleisch, Milch, Joghurt, Käse und Co. sind ebenso ein No-Go wie Lebensmittel, in denen Gelatine, Schmalz oder andere tierische Bestandteile verarbeitet sind, wie z. B. Gummibärchen. Sie verzichten aus moralischen Gründen auch auf tierische Produkte wie z. B. Wolle oder Leder oder sogar auf Arzneimittel, die tierische Produkte enthalten. Auch hierauf reagiert die Pharmaindustrie und produziert zunehmend vegane Medikamente.

Was die Mangelernährung bei Vegetariern betrifft, gilt natürlich in besonderem Maße für Veganer. Ernährungswissenschaftler empfehlen generell allen Veganern, regelmäßig ein Blutbild beim Arzt machen zu lassen, um mögliche Mängel frühzeitig zu erkennen. Sie haben ein hohes Risiko, zuwenig Eiweiß, Vitamin B12, Eisen, Zink, Jod, Kalzium etc. aufzunehmen. Deshalb rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung besonders in der Schwangerschaft von einer veganen Lebensweise ab. Denn der Nährstoffmangel, wenn er nicht substituiert wird, kann zu Störungen der Blutbildung, Wachstumsstörungen zu mentalen Retardierungen beim Kind führen. Auch Stillende und Kinder sollten sich nicht vegan ernähren.

Wer sich mit Lebensmitteln und deren Inhaltsstoffen nicht auskennt, sollte sich umfassend damit beschäftigen und beraten lassen, bevor er anfängt, vegan zu leben. Ohne das Wissen, welche Folgen eine vegane Ernährung haben kann und wie man fehlende Nährstoffe am einfachsten und effektivsten substituiert, ist eine Mangelernährung beinahe zwangsläufig, die langfristig z. B. zu neurologischen oder kardiovaskulären Störungen führen kann.

Wer jedoch weiß, in welchem Gemüse oder Mineralwasser z. B. viel Kalzium enthalten ist und in welcher Zahnpasta Vitamin B12 zugesetzt ist, kann durchaus vegan und gesund leben. Es gibt Studien, die zeigen, dass Veganer – im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung – seltener an Diabetes Typ 2, an Bluthochdruck oder an verschiedenen Krebsarten erkranken. Die genauen Hintergründe sind allerdings noch nicht ausreichend erforscht.

Frutarier /Fruganer
Frutarier sind die Hardcore-Version der Veganer – sie essen in der Regel aus ethischen, weniger aus gesundheitlichen Gründen, nur das, was die Natur ihnen freiwillig gibt. Für ihre Lebensmittel sollen nicht nur keine Tiere, sondern auch keine Pflanzen leiden. Laut Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel ist der Anteil der Frutarier in Deutschland äußerst gering.

Frutarier essen nur Lebensmittel, bei deren Ernte die Pflanze nicht beschädigt wird, wie z. B. bestimmtes Obst, Knollen, Bohnen und Wurzeln. Auch Nüsse, Samen und Beeren sind erlaubt. Kartoffeln und Möhren z. B. sind tabu, weil hier die essbaren von den nicht-essbaren Teilen der Pflanze getrennt werden müssen.

Die Studienlage zu dieser extremen Ernährungsform ist noch sehr dünn, Ernährungswissenschaftler raten aber aufgrund der hohen Gefahr für eine Unterversorgung mit Nährstoffen und den daraus resultierenden Gesundheitsrisiken davon ab.

Flexitarier
Flexitarier sind sozusagen Teilzeit-Vegetarier: Sie ernähren sich an einem Tag fleischfrei, am nächsten darf es dann aber auch mal Gulasch oder ein Steak sein. Insgesamt versuchen sie relativ wenig Fleisch zu essen und wenn, dann soll es hochwertiges, biologisch produziertes Fleisch sein. Halten sie sich an die Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung – insbesondere mit einem ein- bis zweimal wöchentlichen Fleischkonsum – ernähren sie sich ideal, wenn man alle ethischen Ernährungsgründe außen vor lässt.

Solange Flexitarier sich bewusst gesund ernähren, ist eine Mangelernährung hier nicht zu erwarten.

Paleoaner
Hochwertiges Fleisch und Fisch, viel Obst und Gemüse, dazu Nüsse und Samen – Paleoaner essen nur Lebensmittel, die unsere Vorfahren in der Steinzeit schon gegessen haben. Sie sind der Meinung, dass wir uns nicht mehr „artgerecht” ernähren und unser Körper nur Lebensmittel verarbeiten kann, die nicht industriell verarbeitet wurden. Zu ihren Grundprinzipien gehören: kein Zucker, kein Getreide, kein Pflanzenfett, keine Fertiggerichte und keine Milchprodukte.

Für „Paleoaner” ist vor allem die heutige industriell verarbeitete Nahrung verantwortlich für Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Die Verfechter dieses Ernährungs-Trends, der aus den USA zu uns herüberkam, stützen sich auf Forschungsergebnisse aus der Biologie, der Evolution und der Medizin. Sie halten diese Ernährung für seit Jahrtausenden erprobt, natürlich und deshalb einfach nur logisch.

Kritiker wenden ein, dass es die Ernährung der Steinzeit gar nicht gäbe, da die Menschen damals von ihrer geografischen Lage abhängig waren und das aßen, was sie vorgefunden haben. Ihr zentrales Argument ist allerdings, dass die Evolution nicht die Gesundheit, sondern die Fortpflanzungsfähigkeit als zentrales Ziel habe und deshalb keine Rückschlüsse auf die Ernährung möglich seien.

Ernährungswissenschaftler werfen ein, dass veränderte Lebensumstände eine angepasste Ernährung erfordern würden und dass der Körper durchaus in der Lage sei, sich anzupassen.

Allerdings sei die Grundausrichtung der Paleo-Ernährung durchaus richtig (solange sie nicht zu dogmatisch verfolgt werde), sprich: hochwertige, möglichst unverarbeitete Lebensmittel zu essen. Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln, Brot oder Milchprodukte sollten aber auch auf dem Speiseplan stehen, um eine gesunde, ausgewogene Ernährung zu gewährleisten.

Die Langzeit-Wirkung der Paleo-Ernährung ist bislang wenig erforscht.

Rohkostler
Rohkostler ernähren sich hauptsächlich von rohem Obst, Gemüse und Nüssen. Viele ernähren sich vegan – rohes Fleisch oder Fisch sind allerdings nicht generell ausgeschlossen.

Rohkostler kochen nichts, backen nichts, braten nichts und kaufen nichts, was z. B. pasteurisiert wurde. Sie berufen sich darauf, dass durch das Erhitzen der Lebensmittel über 40 Grad wichtige Nährstoffe verloren gehen – und das stimmt: Nur roh bleiben Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme vollständig erhalten. Allerdings zeigen Studien, dass Rohkostler zu wenig Vitamin D, B2, B12 und Niacin aufnehmen und die Zufuhr von Zink, Kalzium und Jod problematisch sein kann.

Zudem ist der Energiegehalt von Rohkost eher gering, bei normalen Portionen besteht die Gefahr einer Unterversorgung. Denn viele kohlenhydrathaltige Grundnahrungsmittel sind tabu: Kartoffeln, Nudeln, Brot und Reis kommen z. B. nicht auf den Teller.

Ernährungswissenschaftler warnen vor der ausschließlichen Ernährung mit rohen Lebensmitteln, denn viele wichtige Nährstoffe sind in Lebensmitteln enthalten, die ungekocht nicht genießbar sind. Insbesondere Schwangere, Kinder und kranke Menschen sollten sich nicht ausschließlich von Rohkost ernähren.

Neben der Mangelernährung gibt es weitere Probleme bei der Rohkost: In manchem Gemüse oder Obst sind in rohem Zustand Giftstoffe enthalten, so z. B. in grünen Bohnen – ungekocht kann das zu u. a. Magen-Darm-Erkrankungen führen. Auch Bakterien in Rohmilch oder Salmonellen in rohen Eiern oder Fleisch können gefährlich für die Gesundheit werden.

Allerdings kann durch die Aufnahme vieler Ballaststoffe die Darmfunktion verbessert werden, weshalb Rohkost häufig bei Darmträgheit oder chronischer Verstopfung vorübergehend empfohlen wird. Unser Verdauungssystem ist es nicht mehr gewohnt, viele rohe Lebensmittel, die reich an Fasern und Säuren sind, zu verarbeiten. Experten empfehlen deshalb den Darm erst langsam an die erhöhte Menge an Ballaststoffen zu gewöhnen, um die Verdauung nicht zu überfordern. Gründliches Kauen und langsames Essen sind das A und O, um Magen und Darm die Verdauung zu erleichtern.

Es ist wissenschaftlich übrigens nicht erwiesen, dass Rohkost Krebs heilen könnte, wie es viele Anhänger dieser Ernährungsform propagieren.

Clean Eater
Hauptsache „reines” Essen! Ob Fleisch, Gemüse oder Kartoffeln und Co.: Bei Clean Eatern ist alles erlaubt, solange die Lebensmittel einen natürlichen Ursprung haben. Industriell hergestellte Lebensmittel mit Farb-, Aroma- und Konservierungsstoffen oder Geschmacksverstärkern etc. kommen, wie bei den Paleoanern, nicht auf den Tisch. Clean Eating ist im Moment in aller Munde und der Ernährungstrend schlechthin.

Clean Eater versuchen, so oft es geht, selbst zu kochen, um die Kontrolle über ihre „saubere” Ernährung zu behalten. Die Lebensmittel sollen möglichst Bio-Qualität haben, so frisch wie möglich gegessen werden und am besten saisonal und regional sein.

Im Idealfall bestehen die Produkte nur aus einer Zutat und werden miteinander kombiniert: Brokkoli mit Putenfleisch, Naturreis mit Erbsen usw. Je kürzer die Zutatenliste, desto besser. Tütensuppen und Co. sind ein absolutes Tabu.

Ernährungswissenschaftler finden den Trend zum Clean Eating positiv, da es dem Prinzip der ausgewogenen Mischkost sehr nahe kommt und auf frische, natürliche und unbehandelte Lebensmittel setzt.

Fazit: Bewusst ernähren und auf Qualität achten – darauf kommt es an!
Während sich Rohkostler und Frutarier langfristig nicht gesund ernähren, eignet sich Vegetarismus oder auch Clean Eating durchaus zur Dauerernährung. Vegetarische oder vegane Ernährung können gesundheitliche Vorteile gegenüber der Mischkost bringen, wenn der Fleischkonsum zu hoch ist. Gelegentlicher Fleischkonsum hingegen bereichert aus gesundheitlicher Sicht den Speiseplan.

Grundsätzlich ist die Qualität der Lebensmittel entscheidend: Wer auf Bio-Qualität und auf frische, unverarbeitete saisonale und regionale Produkte setzt, macht schon vieles richtig.

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