Acrylamid in Lebensmitteln

Die neue „Pommes-Verordnung“

Stichtag 11. April 2018: Ab jetzt müssen stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln und Getreide schonender zubereitet werden, um den gesundheitsschädlichen Stoff Acrylamid zu reduzieren. Was heißt das im Klartext?

Die Diskussion, wie gefährlich Acrylamid für den Verbraucher ist, beschäftigt Experten schon länger: seit schwedische Wissenschaftler 2002 den Stoff in Lebensmitteln nachwiesen. In Tierversuchen wurde das Erbgut verändernde und Krebs erzeugende Potenzial von Acrylamid aufgezeigt und das Bundesinstitut für Risikobewertung stellte klar: „Daher ist Acrylamid als mutagener und kanzerogener Stoff mit Bedeutung für den Menschen eingestuft.“

Seitdem bemühen sich in Deutschland Politik und Lebensmittelwirtschaft um Problemlösungen. 2011 wurde die Acrylamid-Belastung in Lebensmitteln auch ein EU-Thema. 2015 veröffentlichte die EFSA (European Food Safety Authority) ihre erste vollständige Risikobewertung zu Acrylamid. Darin bestätigte sie die Einschätzungen, denen zufolge Acrylamid in Lebensmitteln das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen potenziell erhöht. Seit dem 11. April schließlich sind Maßnahmen zur Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln in einer EU-Verordnung rechtsverbindlich.

Wie entsteht der krebserregende Stoff?
Acrylamid kann sich bilden, wenn kohlehydratreiche Lebensmittel stark erhitzt werden: beim Backen, Braten und Frittieren. Sobald die Temperatur über 170 bis 180 Grad steigt, schießt der Acrylamid-Wert schlagartig in die Höhe. Vor allem in verarbeiteten Kartoffelprodukten, wie zum Beispiel Pommes frites, Kroketten und Kartoffelchips, werden oft deutlich erhöhte Werte für Acrylamid gemessen. Aber auch Getreideprodukte wie Kekse, Knäckebrot oder Toast sind betroffen.

Die neue Verordnung legt jetzt verbindliche Verfahrensvorschriften fest, um den Gehalt an Acrylamid in bestimmten Lebensmitteln zu reduzieren: So sollen Kartoffelsorten mit wenig Stärke verarbeitet werden. Durch Einweichen oder Blanchieren soll die Stärke vor dem Frittieren ausgewaschen werden. Gegart werden soll bei möglichst niedrigen Temperaturen. Pommes frites und Brot sollen nur so stark gebräunt werden wie nötig.

Mit solchen Maßnahmen sollen die Acrylamidgehalte unter den festgelegten Richtwerten bleiben. Ergibt die Analyse von Proben, dass der gemessene Acrylamidgehalt über dem Richtwert liegt, muss der Hersteller umgehend Maßnahmen veranlassen und die Gehalte senken.

Reichen diese Maßnahmen aus?
Wohl kaum. So fordert der europäische Verbraucherverband BEUC „rechtlich verbindliche Obergrenzen“ für Acrylamid. Das fordert auch die Verbraucherzentrale: „verbindliche Höchstmengen festzulegen, bei deren Überschreiten die betroffenen Lebensmittel nicht mehr verkauft werden dürfen.“

Zubereitung von Speisen im eigenen Haushalt
Die Acrylamidbelastung betrifft natürlich nicht nur die gekauften Produkte. Was ist zu Hause zu beachten?

Beim Kochen und Dünsten entsteht kein Acrylamid, beim Garen im Dampfkochtopf und in der Mikrowelle nur eine geringe Acrylamidbildung. In rohen und gekochten Lebensmitteln, wie z. B. Reis, gekochten Kartoffeln, Nudeln oder Gemüse, wurde bis jetzt kein Acrylamid nachgewiesen. Dasselbe gilt für Fleisch und Fisch.

Wenn Sie Cerealien kaufen, achten Sie darauf, dass diese keine gerösteten Bestandteile enthalten. Hochbelastete Produkte wie z. B. Pommes frites, Kartoffelchips oder Lebkuchen sollten Sie meiden bzw. nur selten verzehren.

Bereiten Sie Ihre Lebensmittel schonend zu, dies gilt besonders für Kartoffelprodukte:

  • Pommes frites sollten nur bei Temperaturen unter 175 Grad Celsius frittiert werden. Die Frittierzeit sollte auf etwa 3,5 Minuten begrenzt sein.
  • Bei der Zubereitung im Backofen ist die Gefahr der Acrylamidbildung noch größer. Garen Sie die Produkte deshalb im Backofen ohne Umluft bei max. 200 Grad Celsius. Bei Geräten mit Umluft sollten Sie eine Temperatur von maximal 180 Grad Celsius nicht überschreiten. Die vom Hersteller empfohlene Backtemperatur und -zeit sollte ebenfalls nicht überschritten werden.
  • Verwenden Sie Backpapier.
  • Je mehr Pommes frites Sie auf dem Backblech verteilen, desto geringer ist die Acrylamidbelastung. Die Mindestmenge pro Blech sollte bei 400 Gramm liegen.
  • Bratkartoffeln, Reibekuchen, Röstis, Pfannkuchen aus der Pfanne sollten nur zart gebräunt werden.
  • Bereiten Sie Bratkartoffeln nur aus gekochten Kartoffeln zu.
  • Auch Kroketten, Toastbrot und Aufbackbrötchen sollten nicht dunkel gebacken werden.


Lagern Sie Kartoffeln nicht im Kühlschrank, aber kühl und dunkel. Angekeimte oder grünfleckige Kartoffeln sollten nicht mehr verwendet werden.

Viele weitere Informationen und Tipps hat die Verbraucherzentrale für Sie zusammengestellt.

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