Bluthochdruck behandeln

Die neuen europäischen Leitlinien zur Bluthochdruckbehandlung

Mit Spannung wurden sie erwartet: die neuen europäischen Leitlinien für die Behandlung von Bluthochdruck. Würde man dem amerikanischen Beispiel folgen und die Normwerte für Blutdruck senken? Auf dem Kongress der „European Society of Hypertension“ (ESH) in Barcelona wurden die Leitlinien jetzt vorgestellt.

Zunächst: Die neue Leitlinie, die von der ESH und der „European Society of Cardiology“ (ESC) erstellt wurde, hält an der bestehenden Definition von Bluthochdruck fest. Eine Hypertonie liegt danach weiterhin bei Werten von ≥140/90 mm Hg (Millimeter Quecksilbersäule) vor. In Europa schließt man sich den strengeren amerikanischen Leitlinien also nicht an. Diese definieren Bluthochdruck bereits ab Werten von ≥130/80 mm Hg und hatten bei ihrer Veröffentlichung im November 2017 für viel medizinischen Wirbel gesorgt.

Wie bisher unterscheidet auch die neue europäische Leitlinie zwischen einem optimalen Blutdruckbereich (<120/80 mm Hg), einem normalen (120-129/80-84 mm Hg) und einem hochnormalen Blutdruck (130-139/85-89 mm Hg). Erst wenn die Werte darüber liegen, werden sie als krankhaft eingestuft. Dann ist zunächst eine Änderung des Lebensstils wichtig – diese wird auch bereits Patienten mit hochnormalen Werten empfohlen. Zeigen sich keine Erfolge, setzt eine medikamentöse Behandlung ein.

Professor Krämer, Präsident der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® | Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention, erklärt: „Primäres Ziel muss sein, alle Hypertoniker erfolgreich unter diesen Wert von 140/90 mm Hg, nach Möglichkeit aber in den Normalbereich (<130/80 mm Hg) zu bringen. Doch derzeit ist die Hälfte aller Menschen mit Bluthochdruck nicht bzw. nicht erfolgreich behandelt.“

Eine der Ursachen hierfür ist die immer noch bestehende Dunkelziffer der Erkrankung: Viele Menschen wissen nicht, dass sie einen zu hohen Blutdruck haben.

Entsprechend setzt die neue Leitlinie jetzt bei Prävention und Früherkennung an: Durch regelmäßige Screenings soll Hochdruck schon früh erkannt werden. Menschen mit optimalen Blutdruckwerten unter 120/80 mm Hg wird alle 5 Jahre eine Blutdruck-Screening-Messung empfohlen, Erwachsenen mit hochnormalen Blutdruckwerten (130–139/85–89 mm Hg) mindestens jährlich.

Und auch ein weiteres Problem rückt die neue Leitlinie in den Fokus: die mangelnde Therapietreue vieler Patienten. Damit ist gemeint, dass die Tabletten, die die Ärztin / der Arzt verschreibt, nicht oder nicht regelmäßig eingenommen werden. Je mehr verschiedene Tabletten die Patienten einnehmen müssen, desto schlechter ist erfahrungsgemäß ihre Therapietreue.

Hier soll durch den Einsatz von Fixdosis-Kombinationen Abhilfe geschaffen werden. Dabei nimmt der Patient anstelle von 2 bis 3 Tabletten mit je einem Wirkstoff nur eine einzige Tablette ein, die verschiedene blutdrucksenkende Wirkstoffe enthält.

Und auch das ist neu: Startete man die Behandlung bisher in der Regel mit nur einem Wirkstoff, sollten jetzt von Anfang an zwei oder mehr Wirkstoffe eingesetzt werden, je nach gewünschter Blutdrucksenkung und in Form einer Fixkombination.

Die Veröffentlichung der neuen Leitlinien wird im August erwartet.

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