Allergie

Penicillin-Allergie? Meistens ist sie keine!

Menschen mit nachgewiesener Penicillin-Allergie dürfen nicht mit dem Antibiotikum behandelt werden – eine Therapie könnte lebensgefährlich sein. Viele nehmen jedoch nur an, allergisch auf Penicillin zu reagieren. Eine Situation, die die Betroffenen nicht nur um die bestmögliche Therapie bringt, sondern sie auch unnötigen Risiken aussetzt.

Sie kennen die Situation vielleicht: Sie sind wegen eines Infekts beim Arzt und er will Ihnen ein Antibiotikum verschreiben. „Aber kein Penicillin – dagegen bin ich allergisch“, beeilen Sie sich zu erklären. Der Arzt verordnet Ihnen daraufhin ein sogenanntes Reserve-Antibiotikum, das zwar wirksam, aber bei diesem Infekt eben nicht die erste Wahl ist.

In begründeten Fällen, also wenn tatsächlich eine Allergie vorliegt, ist die Gabe eines solchen Reserve-Antibiotikums unvermeidbar. Allerdings ist in 80 – 90 Prozent der berichteten Penicillin-Allergien keine Allergie vorhanden, wie kanadische Infektiologen unlängst in einer aktuellen Online-Ausgabe der Zeitschrift JAMA Internal Medicine darlegten. Und dann ist ein Reserve-Antibiotikum nicht nur unnötig, sondern auch riskant!

Zum Einsatz kommen dann häufig sehr breit wirksame Antibiotika, wie sie eigentlich nur in besonderen Fällen, z. B. bei schweren Infektionen mit einem unbekannten Erreger, verabreicht werden sollten. Anstatt eine eher harmlose Infektion gezielt mit Penicillin zu behandeln, werden also „schwere Geschütze” aufgefahren – mit dem Risiko einer Resistenzbildung. Das heißt, eine ganze Reihe gefährlicher Krankheitserreger kann unempfindlich gegen diese Wirkstoffe werden. Auch erhöhen sie das Risiko für schwere Durchfallerkrankungen.

Deshalb ist es wichtig, abklären zu lassen, ob man tatsächlich eine Penicillin-Allergie hat, und sich nicht nur auf vage Erinnerungen zu verlassen. Denn genau das ist bei vielen Menschen der Fall. Von „anekdotischen Allergien“ sprechen Mediziner in solchen Fällen. Die Betroffenen erinnern sich an Hautausschläge in der Kindheit, die zwar im Zusammenhang mit der Einnahme von Penicillin stehen, die aber nie durch Allergietests gesichert worden sind.

Gerade bei Kindern können aber viele Hautausschläge die Folge einer Virusinfektion sein, die mit einem Antibiotikum behandelt wird. Und auch Unverträglichkeitsreaktionen auf das Arzneimittel wie Durchfall oder Erbrechen können nicht als allergische Reaktion angesehen werden.

Da Penicillin ein sehr wirksames Antibiotikum ist, das bei Infekten oftmals eingesetzt wird, sollten Menschen mit anekdotischer Penicillin-Allergie einen Test bei einem Allergologen durchführen lassen. Das kann sich auch dann lohnen, wenn in der Vergangenheit eine echte Penicillin-Allergie festgestellt wurde. Sie kann nämlich im Laufe der Zeit von selbst verschwinden.

Sprechen Sie Ihren Hausarzt am besten darauf an, wenn Sie denken, eine Penicillin-Allergie zu haben. Er wird Sie beraten, ob und wann ein Test bei Ihnen sinnvoll ist. Ist ein Allergietest medizinisch begründet, werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen.

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