Blinddarmentzündung bei Kindern

Bei unkomplizierter Appendizitis reicht oft eine Antibiotika-Therapie

Bei einer unkomplizierten Blinddarmentzündung kann vielen Kindern eine Operation durch eine Antibiotika-Behandlung erspart werden. Zu diesem Ergebnis kommen Mediziner*innen vom Nationwide Children’s Hospital der Ohio State University, USA, in ihrer Studie.

Update 23.06.2023

Eine Blinddarmentzündung (medizinischer Begriff: Appendizitis) erfordert eine schnelle Behandlung – der Blinddarm kann ansonsten brüchig werden oder auch ganz durchbrechen. Wenn dann Kot und Bakterien in den Bauchraum gelangen, besteht die Gefahr einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis). Bei einer eitrigen Blinddarmentzündung können Wundinfektionen oder Eiteransammlungen (Abszesse) in der Bauchhöhle entstehen.

Die Therapie besteht häufig in der chirurgischen Entfernung des entzündeten Wurmfortsatzes. Wird die Diagnose rechtzeitig gestellt und es liegen keine Hinweise auf bestehende Komplikationen vor, ist anstelle einer Operation auch die Behandlung mit einem Antibiotikum möglich.

Die Vor- und Nachteile sind sorgfältig abzuwägen: Auch wenn die Blinddarm-OP eine vielfach erprobte und sichere Methode darstellt, bleibt doch immer ein gewisses Risiko, zum Beispiel durch die Anästhesie. Auch können sich nach der Entfernung des Wurmfortsatzes Narben bilden, die die Darmschlingen verkleben – dies erfordert eine weitere Operation.

Bei der Behandlung mit einem Antibiotikum klingt die Entzündung oft innerhalb von 48 Stunden ab. Allerdings tritt in der Folgezeit häufig erneut eine Blinddarmentzündung auf, sodass auch nach der medikamentösen Therapie die chirurgische Entfernung des Wurmfortsatzes notwendig ist.

Operieren oder mit Antibiotika behandeln?
Mit dieser Frage beschäftigten sich auch Dr. Peter C. Minneci und sein Team vom Nationwide Children’s Hospital der Ohio State University: Sie werteten in ihrer Studie die Daten von 1.068 Kindern und Jugendlichen zwischen 7 und 17 Jahren aus, bei denen eine unkomplizierte Appendizitis behandelt worden war. Unkompliziert bedeutete:

Bei allen Patienten war der Appendix, also der Wurmfortsatz des Blinddarms, nur mäßig angeschwollen. Es gab keinen Hinweis auf einen Abszess, einen Kotstein oder eine Entzündung des Bindegewebes. Die Leukozytenzahl lag zwischen 5.000 und 18.000 pro µl. Außerdem durften die Bauchschmerzen bei Antibiotikagabe nicht länger als 48 Stunden bestehen.

Die Eltern bzw. die Patienten selbst wurden in die Therapieentscheidung mit einbezogen: Sie wurden gefragt, ob sie eine Antibiotikabehandlung oder eine sofortige OP wünschten.

Etwa 1/3 entschied sich für die Antibiotika-Behandlung und gegen die OP. Diese Kinder erhielten eine Antibiotika-Behandlung für insgesamt 9 Tage: zunächst für 24 Stunden intravenös und dann oral. Die zwei anderen Drittel der Eltern entschieden sich für den chirurgischen Eingriff und die Kinder wurden sofort operiert.

Es folgte eine einjährige Nachbeobachtung – mit dem Ergebnis: Bei 67,1% der Kinder, die mit Antibiotika behandelt wurden, war in dieser Zeit keine Appendektomie notwendig.

Ein weiterer Vorteil der Antibiotika-Behandlung war die kürzere Erholungszeit: Die Kinder in der Antibiotika-Gruppe mussten für 6,6 Tage mit ihren gewohnten Tätigkeiten pausieren, während es bei den operierten Kindern 10,9 Tage dauerte, bis sie ihre Alltagsaktivitäten wieder aufnehmen konnten.

Dieser Aspekt spiele bei Kindern eine wichtige Rolle, erläutert Dr. Minneci. Bei einer OP sei von postoperativen Schmerzen und Einschränkungen auszugehen: „Die fehlenden Aktivitäten können sich direkt auf ihre Entwicklung und die Lebensqualität auswirken, wie z. B. Schule, Sport oder Urlaub.“

Hier könnte die Antibiotika-Therapie bei unkomplizierten Fällen und gerade bei Kindern eine Alternative mit weniger Schmerzen und Komplikationen darstellen. Wichtig ist, dass die Eltern über beide Therapiemöglichkeiten informiert werden, um – gemeinsam mit der Ärztin / dem Arzt – die bestmögliche Therapie für das Kind auszuwählen.

Wissenschafliche Quellen:

Minneci, P. C., Hade, E. M., Lawrence, A. E., Sebastião, Y. V., Saito, J. M., Mak, G. Z., Fox, C., Hirschl, R. B., Gadepalli, S. K., Helmrath, M. A., Kohler, J. E., Leys, C. M., Sato, T. T., Lal, D. R., Landman, M. P., Kabre, R., Fallat, M. E., Cooper, J. N. & Deans, K. J. (2020). Association of Nonoperative Management Using Antibiotic Therapy vs Laparoscopic Appendectomy With Treatment Success and Disability Days in Children With Uncomplicated Appendicitis. JAMA, 324(6), 581. https://doi.org/10.1001/jama.2020.10888

Pressemitteilung des Nationwide Children’s Hospital

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