Alzheimer- und Parkinson-Forschung

Alzheimer und Parkinson sind keine Alterserkrankungen

19.11.2023

Wir werden immer älter. Damit steigt auch die Zahl der altersbedingten Krankheiten, insbesondere der neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson. Diese haben nicht nur eine rasante Zunahme gemeinsam. Beide beginnen auch schon Jahre bis Jahrzehnte, bevor die ersten klinischen Symptome sichtbar werden – und sind damit nicht, wie bisher angenommen, Erkrankungen des hohen Lebensalters. Eine Erkenntnis, die vieles verändert.

Vom 08.11.-11.11.2023 fand in Berlin der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) statt. Über 7.200 Neurologinnen und Neurologen aus Deutschland und den deutschsprachigen Nachbarländern nahmen an der diesjährigen Veranstaltung teil. Im Fokus standen die neurodegenerativen Erkrankungen, insbesondere Alzheimer und Parkinson.

Beim „Presidential Symposium“ wurde der aktuelle Stand der Forschung aufgezeigt und diskutiert. Vieles ist hier in der Entwicklung und mit großen Hoffnungen verknüpft. Wie sehr die Zeit drängt, machte Kongresspräsidentin Prof. Dr. Daniela Berg, Kiel, deutlich: „Neurodegenerative Erkrankungen sind auf dem Vormarsch und wir müssen jetzt konsequent handeln, um ihnen Einhalt zu gebieten.“

Die Zahlen sind tatsächlich alarmierend: Bereits jetzt leiden in Deutschland z. B. 1,6 Millionen Menschen an einer Demenz. Bis zum Jahr 2050 geht man weltweit von einer Verdopplung der Betroffenen aus, die an Alzheimer oder Parkinson erkranken.

Alzheimer beginnt viel früher, als angenommen
Prof. Dr. Michael Heneka, Luxemburg, führte in seinem Vortrag aus, dass Alzheimer nicht – wie bisher allgemein angenommen – eine Alterserkrankung sei, sondern eine Erkrankung des mittleren Lebensalters. Sie beginnt bereits Jahre bis Jahrzehnte, bevor Symptome auftreten. Mit anderen Worten: Die Phase, die wir bisher als Beginn der Alzheimer-Erkrankung verstanden, ist bereits das „Endstadium“ eines langen Krankheitsprozesses, in dem Nervenzellen stetig abgebaut werden.

Dies kann auch erklären, warum die Behandlung oft keine Wirkung mehr zeigt und es den Betroffenen immer schlechter geht. Prof. Dr. Berg: „Denn je früher Therapie und Sekundärprävention, also Maßnahmen zur Verlangsamung des Krankheitsprozesses, einsetzen, desto erfolgversprechender sind sie. Das gilt für jede Krankheit, auch für Alzheimer und Parkinson.“

In der Entwicklung: Bluttests zur Früherkennung
Leider fehlen bislang Früherkennungstest, mit denen sich neurodegenerative Erkrankungen zuverlässig nachweisen lassen. Eine Diagnose erfolgt also erst, wenn Symptome auftreten, in der Endphase.

Doch das kann sich in naher Zukunft ändern, denn sowohl für Alzheimer als auch für Parkinson sind derzeit Bluttests zur Früherkennung in der Entwicklung. Und das bedeutet: Mit einer frühen Diagnostik könnten Ärztinnen und Ärzte Betroffene bereits in einem Krankheitsstadium behandeln, in dem sie noch beschwerdefrei sind.

Prävention ist unverzichtbar
Mit den Möglichkeiten, die sich durch eine Frühdiagnostik sowie neue therapeutische Lösungen ergeben, werden sich allerdings auch große gesellschaftliche Fragen stellen: Sollte es sogenannte Screenings, also Vorsorgeuntersuchungen, geben, z. B. auf Alzheimer oder Parkinson? Wenn ja, ab welchem Alter? Wie viele potenzielle Betroffene müssten dann medikamentös versorgt werden? Und wie lassen sich solche Maßnahmen unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit bewerten?

Auch vor dem Kostenhintergrund bleibt die Prävention eine unverzichtbare Maßnahme im Kampf gegen Alzheimer und Parkinson, wie Dr. Eva Schäffer, Kiel, in ihrem Vortrag ausführte. Bis zu 40 Prozent der neurodegenerativen Erkrankungen könnten durch die Vermeidung von Risikofaktoren verhindert werden. Vor allem durch eine gesunde Lebensführung könne man viel selbst beitragen.

Doch es gebe auch äußere Risikofaktoren, wie etwa der Kontakt mit Umwelttoxinen, z. B. Pestizide. Hier bedürfe es eines gesellschaftlichen Umdenkens, so Kongresspräsidentin Prof. Dr. Berg am Schluss der Veranstaltung. Der Einsatz solcher Gifte müsse sehr viel restriktiver gehandhabt werden.

Quelle: Presidential Symposium: Herausforderung Neurodegeneration. DGN- Kongress, Donnerstag, 09. November 2023, 14:00 – 15:30 Uhr

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