Überblick: Allergien
Etwa 40 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland leiden im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an einer allergischen Erkrankung. Und davon gibt es viele: Laut des Deutschen Allergie- und Asthmabundes e.V. sind mehr als 20.000 verschiedene Auslöser bekannt. Leidet man nicht unter einer der weitverbreiteten Allergien, wie z. B. einer Pollenallergie, ist die Ursachenforschung, worauf man allergisch reagiert, deshalb häufig schwierig.
Was ist eine Allergie?
Die Bezeichnung „Allergie“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet „Fremdreaktion“. So verstehen wir unter einer Allergie eine Überreaktion des Immunsystems gegenüber bestimmten körperfremden Substanzen aus der Umwelt, sogenannten Allergenen. Diese stellen normalerweise keine Gefahr für unsere Gesundheit dar, wie z. B. Pollen, Tierhaare oder Erdnüsse.
Über die Nase, die Haut oder über den Magen-Darm-Trakt werden die Allergene aufgenommen und unser Immunsystem prüft, ob es sich um Krankheitserreger handelt – schließlich ist es seine Aufgabe, den Körper davor zu schützen. Nicht immer erkennt es allerdings den harmlosen Stoff als solchen: Es versucht ihn abzuwehren. Mediziner sprechen hier von einer Sensibilisierung. Eine Allergie liegt erst dann vor, wenn sich auch Krankheitssymptome zeigen.
Wer ist betroffen?
Jeder Mensch kann eine Allergie entwickeln: in jedem Alter, gegen nahezu jede Substanz. Aktuell ist ca. jeder 4. Deutsche ein Allergiker. Kinder, deren Eltern an Heuschnupfen, allergischem Asthma bronchiale oder Neurodermitis leiden, haben ein erhöhtes Risiko, ebenfalls daran zu erkranken. Bei einem Säugling mit einem betroffenen Elternteil liegt das Erkrankungsrisiko bei 20 bis 40 Prozent, sind beide Eltern betroffen und haben die gleiche Allergie, sogar bei 60 bis 80 Prozent.
Welche Allergie-Typen gibt es?
Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem unterschiedlich auf die allergieauslösende Substanz. Man unterscheidet vier verschiedene Allergietypen. Am häufigsten treten Allergien vom Typ I und Typ IV auf.
Typ-I-Allergien: Ca. 90 Prozent aller Allergien zählen zum Typ I, der auch als Sofort-Typ bezeichnet wird. Nach dem Erstkontakt mit dem Allergen, der in der Regel keine Symptome zeigt, bildet der Körper Abwehrstoffe, sogenannte Antikörper, zur Abwehr. Nach dieser Sensibilisierung werden bei erneutem Allergenkontakt innerhalb von Sekunden oder Minuten Entzündungsbotenstoffe freigesetzt, wie z. B. Histamin. Dadurch kommt es zu Symptomen in kurzer Zeit, z. B. zu Schwellungen der Haut oder Schleimhäute.
Typ-I-Allergien sind z. B. der Heuschnupfen und Allergien gegen Hausstaubmilben, Nahrungsmittel oder Tierhaare.
Typ-II-Allergien: Hier werden spezifische Antikörper gebildet, die sich direkt an die Oberfläche körpereigener Zellen binden. Diese werden dadurch selbst zu einem sogenannten Antigen (Substanz, die vom Immunsystem als körperfremd erkannt wird) und werden jetzt vom Körper bekämpft. Deshalb spricht man auch vom zytotoxischen Allergietyp: Die Zellen werden selbst geschädigt.
Als Beispiel sei hier die Reaktion auf eine Bluttransfusion mit der falschen Blutgruppe genannt.
Typ-III-Allergien: Bei Allergien des Typ-III, auch Immunkomplex-Typ genannt, lagern sich sogenannte Immunkomplexe, bestehend aus Allergenen und Antikörpern, im Gewebe ab, z. B. in der Niere oder in Blutgefäßen. Normalerweise werden Immunkomplexe durch die körpereigene Immunabwehr beseitigt. Findet dieser Prozess nicht statt, entstehen Typ-III-Allergien. Dazu zählen z. B. die Farmer-Lunge und die Serumkrankheit.
Typ-IV-Allergien: Bei der Typ-IV-Allergie tritt die Reaktion zwischen 24 und 48 Stunden ein, weshalb man hier auch vom Spättyp spricht. Hier sind keine Antikörper, sondern allergenspezifische Immunzellen, sogenannte T-Helfer-Lymphozyten, für die Allergie verantwortlich. Hat der Betroffene nach einem Erstkontakt erneut Kontakt mit dem Allergen, schießen die T-Helfer-Lymphozyten in die Haut und lösen die Allergie aus.
Als Beispiel ist hier das allergische Kontaktekzem, ausgelöst durch Nickel oder Duftstoffe, zu nennen.
Welche Substanzen können eine Allergie auslösen?
Mehr als 20.000 verschiedene Auslöser sind bekannt. Besonders oft reagieren Menschen auf Pollen allergisch, aber auch auf Schimmel oder Hausstaubmilben. Bei den Lebensmitteln zählen Milch, Äpfel, Erdnüsse, Meeresfrüchte oder Eier zu den häufigen Allergieauslösern.
Inhaltsstoffe von Kosmetika, Modeschmuck (Nickel), jodhaltige Substanzen, Arzneimittel wie z. B. Antibiotika, Pflanzenstoffe oder tierische Gifte, z. B. von Biene oder Wespe, zählen ebenfalls zu den häufigen Auslösern einer Allergie.
Was ist eine Kreuzallergie?
Bei einer Kreuzallergie reagiert der Körper auf gleiche Allergenstrukturen, die in unterschiedlichen Substanzen vorkommen. So reagieren viele Menschen, die allergisch gegen Birkenpollen sind, z. B. auch auf Äpfel, Birnen oder Möhren. Hier liegt keine neue Allergie vor, sondern eine sogenannte pollenassoziierte Lebensmittelallergie, die auf eine Kreuzreaktion des Körpers zurückzuführen ist.
60 Prozent aller Heuschnupfenpatienten entwickeln eine pollenassoziierte Lebensmittelallergie, wobei Birkenpollenallergiker besonders häufig betroffen sind.
Wie äußert sich eine Allergie?
Die Symptome, die auf eine allergische Reaktion hinweisen können, sind äußerst vielfältig. Auch die Intensität einer Allergie ist individuell verschieden: Sie kann von einem leichten Kribbeln bis hin zum anaphylaktischen Schock reichen, bei dem es zum lebensbedrohlichen Kreislaufzusammenbruch kommen kann.
Wenn Sie eines und oder mehrere der nachfolgenden Symptome bei sich oder bei Ihrem Kind beobachten, sollten Sie Ihren Arzt aufsuchen:
- Tränende und juckende Augen
- Niesreiz, verstopfte Nase
- Schluckbeschwerden
- Atemnot, Husten
- Schwellungen im Gesicht
- Hautrötungen, juckende Quaddeln und Ekzeme
- Magen-Darm-Beschwerden nach dem Verzehr bestimmter Speisen
Wie wird eine Allergie festgestellt?
Zur Diagnose bestimmter gängiger Allergien gibt es standardisierte Tests, die sichere Ergebnisse liefern. Andere, seltenere Allergien sind schwerer zu diagnostizieren.
Um herauszufinden, um welche Allergie es sich handelt, wird der Arzt, im Idealfall ein Allergologe, zunächst ein sogenanntes Anamnesegespräch führen: mit Fragen zu Symptomen, zu Situationen, in denen diese auftreten und zu deren Häufigkeit und Intensität.
Zur Diagnose kann er verschiedene Tests nutzen:
- Pricktest
Die häufigste Allergieform ist die Typ-I-Allergie, deshalb kommt dieser Test auch am häufigsten zum Einsatz. Dabei sticht der Arzt die vermuteten Allergieauslöser mit einer feinen Lanzette in die Haut auf den Innenseiten der Unterarme. Dann wartet er ab, ob und wie das Immunsystem auf die Allergene reagiert. Reagiert es innerhalb von ca. 20 Minuten z. B. mit einem Hautausschlag, ist dies der Beleg für die entsprechende Allergie. - Bluttest
Ein Bluttest wird häufig gemacht, um die Ergebnisse des Pricktests abzusichern. Dabei sieht der Arzt am Blutbild, ob Immunglobulin-E-Antikörper im Blut vorhanden sind. Wenn ja, ist dies der Beleg für die allergische Reaktion. - Epikutantest
Der Epikutantest wird eingesetzt, um die Typ-IV-Allergien, insbesondere Kontaktallergien, nachzuweisen. Hier klebt der Arzt das Allergen für ca. 2 Tage auf den Rücken der Patienten. Reagiert das Immunsystem, bildet sich an dieser Stelle ein Ekzem oder Bläschen. - Provokationstest
Der Provokationstest kommt nur zum Einsatz, wenn Pricktest und Blutuntersuchung kein valides Ergebnis gebracht haben. Er sollte nur unter ärztlicher Aufsicht und am besten in einer Klinik durchgeführt werden, da er starke allergische Reaktionen bis hin zum allergischen Schock mit Atemnot auslösen kann. Der Arzt tropft hier das Allergen direkt auf die Augenbindehaut oder auf die Nasenschleimhaut oder weist den Patienten an, bei Verdacht auf eine Lebensmittelallergie, das Allergen zu schlucken.
Wie wird eine Allergie behandelt?
Die einfachste Art und Weise, eine Allergie zu therapieren, besteht darin, die allergieauslösenden Substanzen zu vermeiden. Das ist aber leider einfacher gesagt als getan, gerade bei unkontrollierbaren Allergenen, wie z. B. bei Pollen oder Tierhaaren.
Kurzfristig können verschiedene Wirkstoffe die Symptome lindern – sie haben allerdings keinen Einfluss auf die Ursache der Allergie: Sogenannte Antihistaminika, wie z. B. Cetirizin oder Loratadin, hemmen die allergische Entzündungsreaktion, ebenso wie auch Glukokortikoide (Kortison), die ebenfalls häufig eingesetzt werden. Kommt es zu einem sogenannten anaphylaktischen Schock (also durch Allergene ausgelöst), wird Adrenalin als Injektion gegeben.
Langfristig sollte eine Hyposensibilisierung durchgeführt werden. Man spricht hier auch von einer Spezifischen Immuntherapie (SIT) oder Desensibilisierung. Hierbei wird der Patient über einen längeren Zeitraum mit immer höheren Dosen des Allergens „gereizt“, damit sich das Immunsystem allmählich an den Allergieauslöser gewöhnt und seine Überreaktion verringert bzw. einstellt.
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