Diabetes Typ 2

In Deutschland sind rund sieben Millionen Menschen an Diabetes mellitus erkrankt, die Dunkelziffer ist noch weit höher. In ca. 95 Prozent aller Fälle liegt ein Typ-2-Diabetes vor, der damit eine echte Volkskrankheit ist. Er kann lange unbemerkt bleiben, denn er ist körperlich kaum spürbar. Durch den gestörten Zuckerstoffwechsel entwickeln sich schleichend schwerwiegende Folgeerkrankungen. Daher ist es wichtig, auf Warnhinweise zu achten und gegebenenfalls frühzeitig einen Arzt aufzusuchen.

Was ist Diabetes mellitus?

Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselerkrankung. Im Volksmund spricht man auch von der „Zuckerkrankheit“. Zucker spielt beim Diabetes denn auch eine wichtige Rolle: Jeder Mensch hat Zucker im Blut – beim Diabetes ist der Zuckergehalt im Blut jedoch dauerhaft erhöht.

Um zu verstehen, was ein Diabetes ist, beschäftigen wir uns zunächst mit dem „gesunden“ Stoffwechsel:

Damit Organe und Muskeln arbeiten können, müssen sie mit Energie versorgt werden, die aus unserer Nahrung gewonnen wird: aus Eiweißen und vor allem aus Kohlenhydraten und Fetten. Kohlenhydrate sind z. B. in Getreideprodukten wie Kartoffeln oder in Obst und Zuckerwaren enthalten, Fette finden wir u. a. in Wurst und Fleisch, Käse und Butter.

Nach jedem Essen wird die Nahrung bei der Verdauung in viele kleine Bausteine zerlegt: Die Kohlenhydrate werden während des Verdauungsprozesses in Traubenzucker (Glukose) aufgespalten und gelangen ins Blut. Auch die Nahrungsfette werden im Darm aufgespalten und anschließend im Blut wieder zusammengesetzt (Triglyceride). Das Blut transportiert Glukose und Triglyceride zu den Zellen, Organen und Muskeln: überall dorthin, wo die Energie gebraucht wird.

Um in die einzelnen Zellen gelangen zu können, braucht der Zucker einen „Schlüssel“, der die Zelle „aufschließt“. Dieser „Schlüssel“ ist das Hormon Insulin.

Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet. Die Produktion ist abhängig von der Nahrungsaufnahme: Je mehr ein Mensch isst, desto mehr Insulin produziert der Körper. Mit dem Blutstrom gelangt das Insulin zu den Zellen, in der der Zucker als Energiespender aufgenommen werden soll. Das Insulin „schließt die Zellen auf“, der Zucker wird aufgenommen und liefert der  Zelle Energie.

Neben seiner wichtigen Aufgabe bei der Zuckeraufnahme in die Zelle hat das Insulin noch eine weitere wichtige Funktion im Körper: Es fördert den Abbau bestimmter Fette im Blut. Die Fette werden aufgespalten und ins Fettgewebe aufgenommen und dort eingelagert.

Wie entsteht ein Diabetes?

Ein Diabetes entsteht, wenn nicht mehr genügend Insulin gebildet wird oder das vorhandene Insulin nicht mehr richtig funktioniert. Dabei läuft zunächst alles ganz „normal“ ab: Die Nahrung wird während des Verdauungsprozesses wie gewohnt aufgespalten und auch die Umwandlung in Zucker läuft reibungslos ab. Im Blut wird der Zucker an sein Ziel gebracht, nämlich zu den einzelnen Zellen.

Beim Diabetiker beginnt jetzt das Problem: Der Zucker kann nicht in die Zellen gelangen, er bleibt im Blut. Wenn der Körper nicht imstande ist, dauerhaft normale Blutzuckerwerte aufrechtzuerhalten, liegt ein Diabetes vor.

Was ist ein Typ-2-Diabetes?

Ca. 95 Prozent Prozent der Diabetiker sind dem Typ-2-Diabetes zuzurechnen. Lange Zeit sprach man von „Alterszucker“, da er sich meist ab dem 40. Lebensjahr entwickelt. Doch man hat längst festgestellt, dass auch immer mehr jüngere Menschen an Typ-2- Diabetes erkranken.

Zwar ist bei einem Typ-2-Diabetes zunächst noch genügend Insulin vorhanden, aber es wirkt nicht mehr ausreichend an den Körperzellen und diese reagieren nicht mehr so empfindlich auf das Schlüsselhormon. Mediziner bezeichnen diese Entwicklung als Insulinresistenz.

Es gelangt also nicht mehr genügend Zucker aus dem Blut ins Gewebe – der Blutzuckerspiegel steigt an. Währenddessen beginnt die Bauchspeicheldrüse, immer größere Mengen an Insulin zu produzieren, um die Insulinresistenz auszugleichen und Zucker in die Zellen zu bringen.

Das Insulin wiederum regt den gesamten Stoffwechsel an. Menschen mit einer Veranlagung für einen Typ-2-Diabetes haben häufig Gewichtsprobleme. Durch die verstärkte Insulinproduktion nehmen sie noch mehr zu. Hohe Insulinspiegel im Blut und Übergewicht verstärken ihrerseits die Insulinresistenz der Zellen. Also muss noch mehr Insulin produziert werden. Ein Teufelskreis!

Durch die permanente Überforderung ermüdet die Bauchspeicheldrüse allmählich. Die Blutzuckerwerte sind dauerhaft erhöht. Erfolgt keine Behandlung, kann die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse völlig versagen. Dann muss dem Körper Insulin von außen zugeführt werden.

Wie äußert sich ein Typ-2-Diabetes?

Ob und inwieweit der Diabetes ausbricht, hängt in erheblichem Maße von der Lebensweise ab: Übergewicht, fehlende körperliche Aktivität, fettreiche Ernährung und Stress sind an der Entstehung von Typ-2-Diabetes maßgeblich beteiligt. Da die Betroffenen zunächst kaum Krankheitszeichen verspüren, trifft sie die Diagnose in der Regel völlig unvorbereitet.

Erste Anzeichen sind häufig ein vermehrtes Wasserlassen und – daraus folgend – zunehmender Durst. Weitere Symptome können auftreten, z. B.:

  • Gewichtsabnahme
  • Abgeschlagenheit
  • Neigung zu Infektionen
  • Wundheilungsstörungen
  • Sehstörungen
  • Juckreiz
  • allgemeine Leistungseinbußen

Welche Risikofaktoren können einen Typ-2-Diabetes auslösen?

Der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung des Typ-2-Diabetes ist das sogenannte „metabolische Syndrom“, bei dem vier einzelne Störungen gemeinsam auftreten:

  • Übergewicht (bauchbetont)
  • erhöhte Fettwerte
  • erhöhter Blutdruck
  • ein gestörter Zuckerstoffwechsel (Insulinresistenz).

Weitere Risikofaktoren für den Typ-2-Diabetes sind eine erbliche Vorbelastung sowie ein höheres Lebensalter.

Welche Folgeerkrankungen können auftreten?

Wird ein Diabetes nicht ausreichend behandelt, werden Blutgefäße und Nerven dauerhaft geschädigt. Gefährliche Folgeerkrankungen sind z. B.

  • Netzhautveränderungen, die zu Einschränkungen der Sehkraft bis hin zur Erblindung führen können
  • die Polyneuropathie (Nervenerkrankungen mit Taubheitsgefühlen und schmerzhaften Missempfindungen in Händen und Füßen)
  • die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
  • Herzinfarkt
  • die diabetische Nephropathie (Niereninsuffizienz)
  • Schlaganfall
  • der diabetische Fuß

Wie stellt der Arzt einen Diabetes fest?

Oft wird ein Diabetes im Rahmen einer Routineuntersuchung entdeckt. Sollten Sie selbst Anzeichen für einen Typ-2-Diabetes bei sich bemerken, ist Ihr Hausarzt der beste Ansprechpartner. Er wird zunächst ein ausführliches Gespräch über mögliche Beschwerden und Symptome, über Vorerkrankungen, Ihre Lebensweise etc. führen und Sie dann gründlich untersuchen.

Besonders wichtig sind dabei die Blutzuckerwerte, die er im Rahmen einer Blutuntersuchung gewinnt:

  • Der Nüchtern-Blutzucker wird morgens gemessen. Bitte verzichten Sie mindestens acht Stunden vorher auf Nahrung. Nur wenn Messungen des Nüchtern-Blutzuckers an mehreren Tagen zu hohe Werte ergeben, liegt ein Diabetes vor.
  • Relevant sind auch die sogenannten Langzeit-Blutzuckerwerte. Dazu bestimmt der Arzt den HbA1c-Wert im Blut. Der Wert zeigt an, wie hoch Ihr durchschnittlicher Blutzuckerspiegel in den letzten zwei bis drei Monaten war.
  • Bei einem oralen Glukosetoleranztest (oGTT), auch Zuckerbelastungstest genannt, trinken Sie zunächst eine Zuckerlösung. Im Anschluss wird mehrmals in bestimmten Abständen der Blutzuckerwert gemessen.

Auch ein Urintest gibt Aufschluss: Steigt der Blutzucker zu hoch an, wird ein Teil des überhöhten Blutzuckers über die Nieren ausgeschieden und es erscheint der sogenannte Harnzucker.

Welche Untersuchungen im individuellen Fall ab jetzt regelmäßig durchgeführt werden müssen, wird Ihnen Ihr Arzt ausführlich erläutern.

Wie wird Diabetes behandelt?

Ziel der Therapie ist es, den erhöhten Blutzuckerspiegel zu senken und Folgeerkrankungen der Blutgefäße, Nerven und Organe abzumildern oder sogar zu verhindern. Die regelmäßige Blutzuckerkontrolle durch den behandelnden Arzt, aber auch durch den Patienten selbst ist dabei von wesentlicher Bedeutung.

Der Arzt wird alle drei Monate Ihr Gewicht und den Taillenumfang, den Blutzuckerwert vor und nach dem Essen, den HbA1c-Wert, die Fettwerte sowie Ihren Blutdruck messen.

Wie oft Sie selbst Ihren Blutzucker messen sollten, hängt von verschiedenen Faktoren ab – hierzu wird Ihr Arzt Sie ausführlich informieren. Zur Selbstkontrolle steht Ihnen eine große Auswahl an Blutzuckermessgeräten für zu Hause zur Verfügung. Lassen Sie sich hierzu am besten in Ihrer Apotheke beraten.

Um die Zielwerte, die Ihnen der Arzt vorgibt, zu erreichen, stehen zunächst nicht-medikamentöse Maßnahmen auf dem Plan: die Reduzierung des Körpergewichts durch eine Ernährungsumstellung und regelmäßige körperliche Bewegung. Erst wenn diese Maßnahmen nicht den gewünschten Effekt zeigen, werden blutzuckersenkende Tabletten, sogenannte orale Antidiabetika, eingesetzt. Welche Antidiabetika im Einzelfall zur Anwendung kommen, entscheidet der Arzt im Einzelfall.

Wenn ernährungstherapeutische Maßnahmen und andere blutzuckersenkende Medikamente nicht ausreichend wirken, kommt eine Insulintherapie zum Einsatz. Das Insulin spritzt sich der Patient üblicherweise selbst in das Unterhautfettgewebe. Dazu werden die Patienten im Rahmen einer Diabetesschulung ausführlich geschult. Verschiedene Injektionshilfen, sogenannte Pens, die wie ein Füllfederhalter aussehen, machen das Spritzen einfach.

Bei den meisten Patienten müssen über die Therapie des Typ-2-Diabetes hinaus weitere Störungen bzw. Krankheiten behandelt werden, wie z. B. ein Bluthochdruck oder eine Störung des Fettstoffwechsels. Nur dann können gefährliche Folgeerkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt verhindert werden.

Was können Sie selbst tun?

Die gute Nachricht vorab: Sie können selbst eine ganze Menge für Ihre Gesundheit tun. Wenn Sie frühzeitig damit beginnen, verhindern Sie die schwerwiegenden Folgeerkrankungen, die ein Diabetes oftmals mit sich bringt.

Erkundigen Sie sich zunächst bei Ihrem Arzt oder Ihrer Krankenkasse nach einer Diabetesschulung. Hier lernen Sie alles, was Sie über Diabetes, über die verschiedenen Medikamente, über gesunde Ernährung und ein sinnvolles Bewegungsprogramm wissen müssen. Besonders angenehm: Sie lernen hier zusammen in einer Gruppe mit „Leidensgenossen“. Das macht Mut und gibt Kraft. Die Kosten für die Diabetesschulung werden von der Krankenkasse übernommen.

Ziel Nummer eins: Übergewicht abbauen!
Etwa 90 Prozent der Diabetiker mit einem Typ-2-Diabetes leiden unter Übergewicht. Besonders die Fettpölsterchen am Bauch, die sogenannten viszeralen Fettdepots, sind gefährlich. Das Bauchfett gibt schnell freie Fettsäuren ins Blut ab, die die Insulinresistenz verstärken. So ist der Bauchumfang denn auch ein wichtiges Kriterium für den Arzt, um abzuschätzen, ob der Patienten das Risiko für einen Typ-2-Diabetes mitbringt: Der Taillenumfang wird gemessen. Bei Frauen liegt die kritische Grenze bei 88 Zentimetern, bei Männern bei 102 Zentimetern. Anhaltspunkte kann auch der Body Mass Index (BMI) liefern. Werte von über 25 sind zu hoch – hier heißt die Devise: unbedingt abnehmen!

Schon eine Gewichtsabnahme von 3 bis 5 Kilogramm kann den Blutzuckerspiegel verbessern. Eine noch stärkere Gewichtsabnahme kann eine medikamentöse Behandlung hinauszögern bzw. den Bedarf an Blutzucker senkenden Tabletten verringern.

Der beste Weg abzunehmen ist eine dauerhafte Ernährungsumstellung auf fettarme Kost. Fettreiche Nahrung verstärkt die Insulinresistenz. Nehmen Sie stattdessen viel Obst und Gemüse zu sich. Zu empfehlen sind auch Vollkornprodukte. Sie führen zu einer langsameren Freisetzung von Kohlenhydraten und tragen damit zu einem gleichmäßigeren Blutzuckerspiegel bei.

Setzen Sie auf Bewegung!
Bewegungsmangel führt zu Übergewicht und fördert die Insulinresistenz. Körperliche Aktivität hingegen sorgt für eine Verringerung der Insulinresistenz. Damit wird sowohl der Zuckerstoffwechsel als auch der Fettstoffwechsel verbessert, auch wird der Blutdruck gesenkt und man nimmt schneller ab.

Dabei fängt Bewegung schon im Alltag an – etwas beim Treppensteigen, auch wenn ein Aufzug vorhanden ist. Der Einkauf wird zu Fuß erledigt, der Wagen bleibt in der Garage. Oder wie wäre es mit einem regelmäßigen Spaziergang am Abend? Sie werden staunen, welche Wirkung all diese Aktivitäten auf Ihren Körper haben.

Welches Training darüber hinaus in Frage kommt, erfahren Sie von Ihrem Arzt und in der Diabetesschulung. Und auch hier gilt: Gemeinsam geht vieles leichter. Machen Sie sich mit Gleichgesinnten auf den Spazier- oder auch Wanderweg, fahren Sie zusammen Rad oder schwimmen Sie gemeinsam ein paar Bahnen. Dies tut Ihrem Körper gut – und auch Ihrer Seele!

Ein letzter Tipp: Seien Sie achtsam. Dazu zählt z. B., dass Sie die Vorsorgetermine bei Ihrem Hausarzt und beim Augenarzt in Anspruch nehmen. Durch regelmäßige Selbstkontrolle, nicht nur der Blutzuckerwerte, fühlen Sie sich sicherer im Umgang mit Ihrer Erkrankung. Untersuchen Sie z. B. regelmäßig Ihre Füße und achten Sie auf Verletzungen und Druckstellen. Frühzeitig erkannt und behandelt, lässt sich die Entwicklung eines diabetischen Fußsyndroms verhindern.

Schenken Sie Ihrem Körper jetzt einfach viel Aufmerksamkeit – er wird es Ihnen danken!

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