
Migräne
Kopfschmerz mit Begleitsymptomen
Starke Kopfschmerzen, hohe Licht- und Geräuschempfindlichkeit, dazu Übelkeit und Erbrechen: Eine Migräne-Attacke ist sehr belastend für die Betroffenen und kann sie tagelang beeinträchtigen. In Deutschland leiden ca. 6,7 Millionen Menschen darunter – Tendenz steigend. Aufgrund ihrer Symptomatik ist Migräne eine der unangenehmsten Kopfschmerzarten. Eine Heilung ist nach heutigem Stand der Forschung noch nicht möglich. Aber es gibt erprobte Therapiekonzepte, die den Patienten effektiv helfen können.
Was ist eine Migräne?
Migräne ist eine Kopfschmerzart, die in Attacken auftritt. Mediziner unterscheiden anhand der Symptome zwischen zwei unterschiedlichen Migräneformen:
- Migräne ohne Aura
Die Migräne ohne Aura ist die häufigere Form. Plötzlich einsetzende, pulsierende, meist einseitige Kopfschmerzen, die langsam immer stärker werden und bis zu 72 Stunden andauern, sind deren Hauptsymptom. Oft leiden Betroffene auch unter Kreislaufproblemen, Übelkeit und Erbrechen.Während der Attacke reagieren Migräniker besonders empfindlich auf Geräusche sowie Licht und ziehen sich deshalb gerne in ruhige, abgedunkelte Räume zurück. Hat die Attacke ihren Höhepunkt erreicht, nehmen die Symptome langsam über 12 bis 24 Stunden ab und die Betroffenen fühlen sich müde und leer. - Migräne mit Aura
Die Migräne mit Aura weist dieselben Symptome auf wie die Migräne ohne Aura. Aber bei etwa 10 Prozent der Betroffenen treten in der sogenannten Auraphase zusätzlich neurologische Symptome auf, die der Kopfschmerzphase vorausgehen und in der Regel nicht länger als 40 Minuten andauern, z. B. Seh- und Sprachstörungen, Kribbeln in Arm oder Bein oder Gleichgewichtsstörungen.
Wer ist betroffen?
Frauen leiden weit häufiger unter Migräne als Männer. Über 25 Prozent der Frauen erleidet mindestens einmal im Leben eine Migräneattacke. Als Ursache vermuten Experten, dass Frauen stärkeren hormonellen Schwankungen unterliegen.
Migräne kann in jedem Alter beginnen. Auch jüngere Kinder sind schon betroffen. In der Regel tritt der erste Migräneanfall aber zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr auf.
Die genauen Ursachen für Migräne sind noch nicht abschließend geklärt. Mediziner gehen aber davon aus, dass sie meist genetisch bedingt ist. Bei zwei von drei Patienten sind in der nahen Verwandtschaft weitere Personen betroffen. Auch der individuelle Lebensstil und Umwelteinflüsse können verantwortlich sein.
Wie entsteht eine Migräne?
Bei einer Migräne-Attacke kommt es zu einer Fehlregulierung im Gehirn. Die Nervenzellen reagieren überempfindlich auf jegliche Reize, senden Schmerzsignale aus und produzieren zu viele Botenstoffe, wie z. B. Serotonin. die die Blutbahnen verengen und Entzündungen hemmen. Als Reaktion baut der Körper diese Überdosis ab – allerdings so stark, dass nur sehr wenig Serotonin übrig bleibt. Dadurch weiten sich die Hirnhautgefäße und werden anfällig für Erreger, die das Gewebe der Gefäße angreifen. Es entstehen kleine Entzündungen, die den Kopfschmerz verursachen.
Wie verläuft eine Migräne-Attacke?
Eine Migräne-Attacke verläuft in vier Phasen, wobei die Warnzeichen der sogenannten Vorphase nicht bei allen Migränikern auftreten. Migräniker ohne Aura durchleben die Migräneattacke, wie der Name schon sagt, ohne die Auraphase.
- Vorphase (Prodromalphase): Ca. ein Drittel der Betroffenen spürt eine bevorstehende Attacke schon Stunden bis Tage vor dem Anfall durch verschiedene uncharakteristische Symptome. Sie sind z. B. gereizt oder müde. Auch Euphorie, depressive Verstimmung, Appetitlosigkeit oder Heißhungerattacken können erste Warnzeichen sein.
- Auraphase: Die Vorphase geht in die sogenannte Auraphase über. Bei etwa 10-15 Prozent der Migräniker kommt es nun zu neurologischen Symptomen, wie Sehstörungen, Missempfindungen etc. In der Regel beginnen die Symptome langsam und bilden sich langsam zurück. Bleibende Schäden hinterlassen sie keine.
- Kopfschmerzphase: Die Kopfschmerzphase dauert bei Erwachsenen ca. 4 – 72 Stunden, bei Kindern meist deutlich kürzer. Die Intensität der Schmerzen nimmt langsam über die Stunden zu. In der Schmerzspitze sind Beschwerden stark bis sehr stark. Betroffene beschreiben die Kopfschmerzen als bohrend, krampfartig, pochend, pulsierend oder stechend. Das hat folgenden Grund: Das Gewebe um die Blutgefäße der Hirnhaut ist entzündet und wird mit jedem Herzschlag „rhythmisch“ gereizt. Ca. zwei Drittel der Betroffenen erlebt den Schmerz nur auf einer Kopfseite. Bei körperlicher Anstrengung verstärken sich die Schmerzen. Hinzu kommen häufig Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit.
- Rückbildungsphase: In der Rückbildungsphase nehmen die Symptome langsam ab. Oft fühlen sich die Betroffenen müde, schlapp und abgespannt. Bis zur vollständigen Erholung können weitere 12 bis 24 Stunden vergehen.
Was kann eine Migräne-Attacke auslösen?
Wann eine Migräne-Attacke kommt, ist nicht vorhersehbar. Es gibt viele individuelle Faktoren, sogenannte Trigger, die sie auslösen können. Deshalb sollten Betroffene genau darauf achten, was bei ihnen für eine Attacke verantwortlich sein könnte.
Mögliche Trigger sind:
- Stress
- Hunger
- Alkohol, z. B. Rotwein
- Kaffee
- Hormonelle Schwankungen
- Änderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
- Einnahme von Hormonpräparaten
- Verschiedene Lebensmittel, z. B. Eier, Käse oder Gewürze
- Wetterwechsel
- Unstete Lichtverhältnisse, z. B. eine flackernde Kerze
- Starker Lärm, z. B. Baustellenlärm
- Extreme Gerüche, z. B. Zigarettenqualm
Wie stellt der Arzt Migräne fest?
Kopfschmerzen können viele Ursachen haben – harmlose, aber auch ernste. Wenn Sie häufiger unter Kopfschmerzen leiden, sollten Sie nicht zögern und einen Arzt aufsuchen.
Ärzte können die Diagnose Migräne in den meisten Fällen zuverlässig stellen, da sich die Symptome meist deutlich von anderen Kopfschmerzarten unterscheiden.
Der Arzt beginnt bei einem sogenannten Anamnesegespräch mit verschiedenen Fragen, u. a. wie sich die Schmerzen anfühlen und wie stark sie sind, ob es bestimmte Auslöser gibt und welche Begleiterscheinungen auftreten. Schnell wird er die typischen Symptome einer Migräne identifizieren und seine Anamnese dahingehend fortsetzen.
Er wird eventuell das Führen eines Kopfschmerztagebuchs über einen bestimmten Zeitraum anregen, um den Kopfschmerz besser einordnen zu können. Eine körperliche Untersuchung und eine Blutdruckmessung gehören meist auch zur Erstuntersuchung.
In seltenen Fällen, z. B. bei unklarer Symptomatik, überweist der Arzt den Patienten zum Neurologen. Neurologische Tests, eine Blutuntersuchung oder bildgebende Verfahren, wie z. B. eine Kernspintomographie des Kopfes, können notwendig sein, um eine ernsthafte Erkrankung auszuschließen.
Wie werden Migräne-Kopfschmerzen behandelt?
Die Migräne-Therapie ist sehr individuell und in den meist Fällen multimodal und ganzheitlich. Da Migräne nicht heilbar ist, entwickelt der Arzt gemeinsam mit dem Patienten einen Therapieplan mit dem Ziel, die Häufigkeit und Intensität der Migräne-Attacken zu minimieren. Dazu wird er den Patienten auffordern, ein Migräne-Tagebuch zu führen, um Schmerzdauer und -intensität sowie mögliche psychische, körperliche, wetter- oder ernährungsbedingte Auslöser zu identifizieren.
Um die Lebensqualität zu steigern, werden gemeinsam die Auslöser (Trigger) für die Migräne-Attacken gesucht und Strategien entwickelt, diese zu vermeiden. Darüber hinaus können weitere medikamentöse und nicht-medikamentöse Maßnahmen in die Therapie integriert werden.
Medikamentöse Therapie
Bei einer akuten Attacke haben sich bei leichten Kopfschmerzen z. B. Arzneimittel mit dem Wirkstoff Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (ASS) bewährt. Reichen diese nicht aus, werden oft sogenannte Triptane eingesetzt, die ähnlich wie der Botenstoff Serotonin aufgebaut sind und an den Gefäßen die gleichen Andockstellen belegen. So kann das Serotonin dort nicht andocken und zu einer Gefäßerweiterung führen (Folgen siehe oben). Zusätzlich hemmen Triptane die Schmerzimpuls-Weiterleitung und helfen gegen Übelkeit und Erbrechen. Achtung: Menschen mit Herz-Kreislauf-Beschwerden dürfen Triptane nicht einnehmen, da sie die Blutgefäße verengen!
Diese Schmerzmittel sollten generell nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, da sie sonst ihre Wirkung verlieren, bei Migräne z. B. nicht länger als drei Tage am Stück und nicht häufiger als zehn Tage im Monat.
Wenn die Attacken häufiger als dreimal im Monat auftreten, kann eine medikamentöse prophylaktische Therapie sinnvoll sein. Dazu wird der Arzt z. B. Betablocker einsetzen, die den Blutdruck senken.
Nicht-medikamentöse Therapie
Während einer akuten Attacke hilft es den Betroffenen, sich in ein ruhiges, abgedunkeltes Zimmer zurückzuziehen. Schonung und Entspannung sind sehr wichtig. So wenig Bewegung wie möglich und Kühlen der betroffenen Kopfseite können die meist pulsierenden Schmerzen erträglicher machen.
Die nicht-medikamentöse Therapie zielt aber eher auf die Attacken-Prophylaxe. Wenn die individuellen Trigger identifiziert sind, sollten diese natürlich gemieden werden. Regelmäßiger Schlaf, regelmäßiges Essen, regelmäßiger Sport (Radfahren, Schwimmen, Joggen) und regelmäßige Entspannungsübungen (z. B. progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga und autogenes Training) haben sich bewährt.
Auch eine gezielte Verhaltenstherapie kann helfen. Dabei lernen Betroffene, mehr auf die Signale des Körpers zu achten, Blutdruck und Herzschlag, aber auch Emotionen wie Wut oder Ärger bewusster zu fühlen und so gegebenenfalls schneller entspannende Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Generell sollten Betroffene ihre Ernährungsgewohnheiten überprüfen und zu viel Fett, Süßes, Kaffee, Alkohol und Nikotin genauso meiden wie zu viel Lärm und zu intensive Sonnenstrahlung.
Wenn Sie unter Migräne leiden, erkundigen Sie sich am besten bei Ihrer Krankenkasse, ob sie Sie bei Verhaltenstherapie, Sport und Physiotherapie unterstützen kann und z. B. die Kosten für bestimmte Kurse oder Physiotherapie übernimmt.
Bildquelle: © chombosan, fotolia.com