Migräne

Heftige, meist einseitige Kopfschmerzen, hohe Licht- und Geräuschempfindlichkeit, dazu Übelkeit und Erbrechen: Eine Migräne ist mit einem hohen Leidensdruck verbunden und kann zu starken Beeinträchtigungen im Alltag führen. Sie ist nicht heilbar, aber lässt sich heute gut behandeln.

Was ist eine Migräne?
Migräne ist eine neurologische Erkrankung, bei der als Hauptsymptom wiederkehrende Kopfschmerz-Attacken auftreten. Anhand der begleitenden Symptome kann zwischen zwei Migräneformen unterschieden werden:

  • Migräne ohne Aura ist die häufigere Form. Plötzlich einsetzende pulsierende, meist einseitige Kopfschmerzen sind das Hauptsymptom. Sie werden langsam immer stärker und dauern bis zu 72 Stunden an. Oft leiden Betroffene unter Kreislaufproblemen, Übelkeit und Erbrechen. Während der Attacke reagieren sie besonders empfindlich auf Geräusche und Licht. Hat die Attacke ihren Höhepunkt erreicht, nehmen die Symptome langsam über 12 bis 24 Stunden ab.
  • Migräne mit Aura weist dieselben Symptome auf wie die Migräne ohne Aura. Aber bei etwa 10-15 Prozent der Betroffenen treten in der sogenannten Auraphase zusätzlich neurologische Symptome auf, die der Kopfschmerzphase vorausgehen und bis zu 60 Minuten andauern können, z. B. Seh- und Sprachstörungen, Sensibilitätsstörungen oder Gleichgewichtsstörungen.

Wer ist betroffen?
Knapp 15 Prozent der Frauen und 6 Prozent der Männer sind in Deutschland von einer Migräne betroffen, die alle diagnostischen Kriterien erfüllt, so das Robert Koch-Institut.

Menschen können in jedem Alter eine Migräne haben, auch jüngere Kinder können schon betroffen sein. Überwiegend tritt sie im erwerbsfähigen Alter auf – danach nimmt sie stetig ab.

Wie entsteht eine Migräne?
Die Ursachen der Migräne sind komplex und noch nicht bis ins Detail erforscht. Entzündliche Vorgänge an den Blutgefäßen des Gehirns scheinen eine große Rolle zu spielen, auch die Verarbeitung von Schmerzsignalen im Gehirn.

Für die Entwicklung einer Migräne besteht eine erbliche Veranlagung: Bei über 70 Prozent der Betroffenen leiden nahe Verwandte ebenfalls an Migräne. Verantwortlich sind mehrere Gene, man spricht hier von einer sogenannten polygenetischen Disposition. 

Wie wird eine Migräne-Attacke ausgelöst?
Ausgelöst wird eine Migräne-Attacke erst durch bestimmte innere und äußere Faktoren, sogenannte TriggerEtwa 90 Prozent der Migräne-Patientinnen und -Patienten können die Faktoren benennen, die eine Attacke auslösen. Diese sind von Mensch zu Mensch verschieden. Mögliche Trigger sind:

  • Stress
  • Hunger
  • Alkohol, z. B. Rotwein
  • Kaffee
  • Bestimmte Lebensmittel, z. B. Eier, Käse oder Gewürze
  • Änderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
  • Wetterwechsel
  • Starker Lärm, z. B. Baustellenlärm
  • Extreme Gerüche, z. B. Zigarettenqualm
  • Hormonelle Schwankungen
  • Einnahme von Hormonpräparaten

Wie verläuft eine Migräne-Attacke?
Eine Migräne-Attacke verläuft in 4 Phasen, wobei die Warnzeichen der sogenannten Vorphase nicht immer auftreten. Bei einer Migräne ohne Aura findet, wie der Name schon sagt, keine Auraphase statt.

  • Vorphase (Prodromalphase): Viele Betroffene (etwa jeder 3.) spüren eine bevorstehende Attacke schon Stunden bis Tage vor dem Anfall durch verschiedene uncharakteristische Symptome. Sie sind z. B. gereizt oder müde. Auch Euphorie, depressive Verstimmung, Appetitlosigkeit oder Heißhungerattacken können erste Warnzeichen sein.
  • Auraphase: Bei etwa 10-15 Prozent der Betroffenen kommt es jetzt zu neurologischen Symptomen, wie Sehstörungen, Missempfindungen, Gleichgewichtsstörungen etc. In der Regel beginnen die Symptome langsam und bilden sich auch langsam wieder zurück.
  • Kopfschmerzphase: Sie dauert bei Erwachsenen ca. 4-72 Stunden, bei Kindern meist deutlich kürzer. Die Intensität der Schmerzen nimmt langsam zu. In der Schmerzspitze sind die Beschwerden stark bis sehr stark. Betroffene beschreiben die Kopfschmerzen als bohrend, krampfartig, pochend, pulsierend oder stechend. Ca. zwei Drittel der Betroffenen erlebt den Schmerz nur auf einer Kopfseite. Bei körperlicher Anstrengung verstärken sich die Schmerzen. Hinzu kommen häufig Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit.
  • Rückbildungsphase: Jetzt nehmen die Symptome langsam ab. Oft fühlen sich die Betroffenen müde, schlapp und abgespannt. Bis zur vollständigen Erholung können weitere 12-24 Stunden vergehen.

Wie wird eine Migräne diagnostiziert?
Erste Anlaufstelle für Betroffene ist die Hausärztin bzw. der Hausarzt. Hier findet zunächst ein ausführliches Anamnesegespräch statt.

Für die Diagnose der Migräne gibt es international verbindliche Kriterien. Auf dieser Grundlage können über 95 Prozent aller Migräne-Patientinnen und -Patienten korrekt diagnostiziert werden. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) stellt die Diagnose-Kriterien vor: 

Migräne-Kriterien der International Headache Society

A. Mindestens 5 Attacken, welche die Bedingungen B-D erfüllen.
B. Kopfschmerzattacken, die (unbehandelt oder erfolglos behandelt) 4-72 Stunden anhalten.
C. Der Kopfschmerz weist mindestens 2 der folgenden Charakteristika auf:
1. einseitige Lokalisation
2. pulsierender Charakter
3. mittlere bis starke Schmerzintensität
4. Verstärkung durch körperliche Routineaktivitäten (z. B. Gehen oder Treppensteigen) oder führt zu deren Vermeidung
D. Während des Kopfschmerzes besteht mindestens eines:
1. Übelkeit und/oder Erbrechen
2. Photophobie und Phonophobie
E. Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen

Quelle: Headache Classification Committee. The international classification of headache disorders, 2nd edition. Cephalalgia 2004; 24 Suppl 1: 1-160

Nachdem die Ärztin oder der Arzt die oben genannten Kriterien überprüft hat, erfolgt eine körperliche Untersuchung. Auf dieser Basis kann bereits eine typische Migräne ohne Aura diagnostiziert werden.

Bei unklarer Symptomatik und bei einer Migräne mit Aura sind weitere fachärztliche Untersuchungen notwendig. Bildgebende Verfahren mittels MRT können erforderlich sein, um andere Erkrankungen auszuschließen. Eine apparative Diagnostik zum Nachweis einer Migräne gibt es nicht, so die DMKG.

Wie werden Migräne-Kopfschmerzen behandelt?
Migräne ist nicht heilbar, aber man kann sie heute gut behandeln. Und eine Behandlung ist wichtig – nicht nur wegen des Leidensdrucks der Betroffenen. Prof. Dr. med. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftungerläutert: „Es wird unterschätzt, dass die Migräne eine neurologische Krankheit ist, bei der eine neurologische Betreuung angeraten ist. Beispielsweise wissen wir, dass eine Migräne zu einem höheren Schlaganfallrisiko bei jüngeren Menschen führt.“

Hilfreich bei der Erstellung eines Therapieplans ist zunächst ein Kopfschmerzkalender, auch als App verfügbar. Damit können Schmerzverläufe dokumentiert und mögliche psychische, körperliche, wetter- oder ernährungsbedingte Auslöser identifiziert werden. Das ist vor allem wichtig, um Migräne-Attacken vermeiden zu können.

Medikamentöse Akuttherapie
Bei leichten Migräne-Attacken können Schmerzmittel wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS) oder Paracetamol sowie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie z. B. Diclofenac helfen. Etwa 10 Minuten vor der Einnahme sollten Antiemetika wie Metoclopramid oder Domperidon gegen die Übelkeit eingenommen werden. Sie regen auch die Magen-Darm-Bewegungen an und erleichtern so die Aufnahme des Schmerzmittels.

Bei mittelschweren bis schweren Migräne-Attacken oder bei ausbleibender Wirksamkeit der Schmerzmittel werden Triptane eingesetzt. In Deutschland sind sieben verschiedene Triptane auf dem Markt. Die DMKG erklärt: „Es gibt Patienten, die auf bestimmte Triptane besser ansprechen als auf andere, so dass es sinnvoll sein kann, bei Versagen eines Triptans dennoch andere auszuprobieren.“

Es gibt sowohl rezeptfreie als auch rezeptpflichtige Triptane – lass dich hierzu am besten von deiner Ärztin bzw. deinem Arzt oder in der Apotheke beraten. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen dürfen Triptane nicht einnehmen, da sie die Blutgefäße verengen.

Wichtig: Der Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln kann zu einer Verschechterung der Migräne führen. Deshalb sollte die Einnahme von einfachen Schmerzmitteln auf 15 Tage im Monat und von Triptanen und schmerzlindernden Kombinationspräparaten auf 10 Tage im Monat beschränkt werden. 

Medikamentöse Prophylaxe
Wenn die Attacken häufiger als 3-mal im Monat auftreten, ist eine medikamentöse Therapie zur Prophylaxe sinnvoll. Dazu werden z. B. Betablocker eingesetzt oder auch Substanzen, die z. B. zur Behandlung von Epilepsie oder Depressionen gegeben werden.

Die Deutsche Hirnstiftung erklärt: „All diese Substanzen wurden primär für die Therapie anderer Erkrankungen entwickelt und der Migräne-prophylaktische Effekt wurde erst später erkannt und in Studien belegt.“

Wichtig ist, dass die Behandlung unter ärztlicher Kontrolle stattfindet.

Nicht medikamentöse Therapie
Während einer akuten Attacke hilft es, sich in ein ruhiges, abgedunkeltes Zimmer zurückzuziehen. Schonung und Entspannung sind jetzt sehr wichtig. So wenig Bewegung wie möglich und Kühlen der betroffenen Kopfseite können die meist pulsierenden Schmerzen ein wenig erträglicher machen.

Die nicht medikamentöse Therapie zielt aber eher darauf ab, die Migräne-Attacken zu vermeiden. Prof. Erbguth von der Deutschen Hirnstiftung: „Wer unter Migräne leidet, sollte regelmäßig Ausdauersport treiben, das senkt die Anfallshäufigkeit und die Stärke des Schmerzes.“

Neben Bewegung sind auch Entspannungsübungen (z. B. progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga und autogenes Training) zu empfehlen.

Natürlich solltest du auch deine individuellen Trigger meiden. Achte auf ausreichend Schlaf und regelmäßige Mahlzeiten. Generell sollten Betroffene ihre Ernährungsgewohnheiten überprüfen und zu viel Fett, Süßes, Kaffee, Alkohol und Nikotin genauso meiden wie zu viel Lärm und zu intensive Sonnenstrahlung.

Auch eine gezielte Verhaltenstherapie kann helfen. Dabei lernst du, mehr auf die Signale deines Körpers zu achten, Blutdruck und Herzschlag, aber auch Emotionen wie Wut oder Ärger bewusster zu fühlen und so gegebenenfalls schneller entspannende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Update 11.09.2024

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