Depression

Depressionen zählen zu den am häufigsten auftretenden behandlungsbedürftigen Erkrankungen in der westlichen Welt. In Deutschland, so die Statistik, leidet jeder 10. Patient in einer Hausarztpraxis an einer Depression. Der Leidensdruck, den Depressionen mit sich bringen, ist groß: Sie beeinflussen die seelische Gesundheit genauso wie die körperliche, greifen selbst in grundlegende Lebensfunktionen wie Schlafen und Essen ein.

Was ist eine Depression nicht?
Das Krankheitsbild Depression wird leider immer noch häufig missverstanden. Jeder erlebt gelegentlich ein Stimmungstief, ist traurig oder niedergeschlagen. Das hat nichts mit Depressionen zu tun. Eine Depression ist auch nicht mit dem Gefühl der Trauer zu verwechseln, das man nach dem Verlust eines uns nahe stehenden Menschen empfindet. Trauer ist ein „gesundes Gefühl“.

Depressionen sind auch kein Zeichen von Charakterschwäche, Wehleidigkeit oder mangelnder Belastbarkeit! Ein Appell wie „Nun reiß dich doch mal zusammen!“, den der Betroffene vielleicht aus seinem Umfeld erfährt, ist dementsprechend völlig unangebracht.

Und schließlich: Depressionen sind keine Geisteskrankheit!

Die möglichen Folgen eines falschen Umgangs mit einer depressiven Erkrankung sind fatal. Aus Angst oder Scham geht der Betroffene nicht zum Arzt. Unbehandelt aber wächst der Leidensdruck oft ins Unermessliche. Dabei ist diese Erkrankung kein unabwendbares Schicksal: Die meisten Patienten können geheilt werden oder zumindest eine spürbare Besserung erfahren.

Was ist eine Depression?
Im Gehirn spielen biochemische Prozesse eine wesentliche Rolle. Hier sind Botenstoffe, so genannte Neurotransmitter, für die Informationsvermittlung zwischen den einzelnen Nervenzellen zuständig. Bei den Informationen kann es sich sowohl um Sinneseindrücke wie Sehen und Hören als auch um Gefühle und Gedanken handeln.

Bei einer Depression ist die Konzentration bestimmter Neurotransmitter, insbesondere Serotonin und Noradrenalin, erniedrigt. Die Folge: Positive Gefühle wie Freude, Hoffnung oder Glück werden nicht mehr empfunden. Der Betroffene hat nur noch negative Empfindungen, fühlt sich niedergeschlagen, mutlos u. v. m.

Der Ausbruch der Depression hat Auswirkungen auf den gesamten Organismus: Es kommt zu hormonellen Veränderungen z. B. steigt das Stresshormon Cortisol an. Cortisol wiederum beeinflusst die Wirkung des Botenstoffes Serotonin. Weitere Veränderungen sind ein erhöhter Muskeltonus, ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, Störungen des Appetits und der Sexualität.

Wie entsteht eine Depression?
Als Auslöser dieser folgenreichen Stoffwechselstörungen im Gehirn gelten erblich bedingte, biologische und psychosoziale Faktoren. Biologische Faktoren sind z. B. schwere körperliche Erkrankungen (z. B. Hirnerkrankungen, Krebs) oder Erschöpfung nach chronischer körperlicher und psychischer Anspannung. Zu den psychosozialen Faktoren zählen Trennungs- und Verlusterlebnisse, permanente Über- oder Unterforderung im Beruf oder einschneidende Lebensereignisse, z. B. Verlassen des Elternhauses, Berufswechsel, Arbeitslosigkeit.

Wie verläuft eine Depression?
Depressive Erkrankungen verlaufen in der Regel in Phasen, so genannten depressiven Episoden. Eine depressive Episode kann Wochen, aber auch Monate und Jahre andauern, wenn nicht konsequent behandelt wird. Ungefähr 30 Prozent aller Betroffenen erleben einmal eine depressive Episode, die vollkommen ausheilt. Eine Depression ist also nicht zwangsläufig eine dauerhafte (chronische) Erkrankung.

Welche Formen der Depression gibt es?
Man unterscheidet verschiedene Formen der Depression, z. B. nach ihrem Verlauf, der Intensität der Symptome oder dem vermuteten Auslöser. Zu den wichtigsten Formen zählen die unipolare Depression, bei der ausschließlich depressive Phasen auftreten, und die bipolare affektive Störung. Hier leidet der Patient abwechselnd unter depressiven und manischen Episoden. Kennzeichen manischer Episoden sind z. B. ein unbändiger Tatendrang, eine meist euphorische Stimmung, fehlendes Schlafbedürfnis und Größenideen, Kaufrausch und mehr.

Leidet der Patient an leichter ausgeprägten Symptomen einer Depression, die dafür aber dauerhaft, also chronisch, auftreten, so spricht der Arzt von einer Dysthymie. Sie beginnt meist im frühen Erwachsenenalter.

Darüber hinaus werden weitere Arten der depressiven Erkrankung unterschieden, die im Rahmen bestimmter Lebensereignisse oder durch besondere Umstände entstehen, wie z. B. die Wochenbettdepression oder die so genannte saisonale Depression, die in den Herbst- und Wintermonaten auftritt.

Wir wird eine Depression festgestellt?
Das Krankheitsbild Depression ist äußerst vielschichtig – dementsprechend groß ist auch die Anzahl der möglichen Symptome. Die „typische Depression“ gibt es nicht, doch weisen bestimmte Beschwerden für den Arzt auf eine depressive Erkrankung hin.

Manche Krankheitszeichen sind deutlich erkennbar: Äußerliche Veränderungen sind z. B. eine leise, monotone Stimme, eine gebeugte Haltung, ein schwerer Gang, müde oder fahrige Gesten u. v. m. Auch bestimmte Verhaltensweisen, wie permanentes Grübeln oder das Vernachlässigen von Hobbys, sind augenfällige Merkmale.

Die meisten Symptome trägt der Betroffene jedoch „in sich“, sie bleiben der Umgebung oft lange verborgen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Patienten, seinen Angehörigen oder Freunden und dem Arzt ist deshalb sehr wichtig, denn gemeinsam kommt man einer depressiven Erkrankung schneller auf die Spur.

Bei der Diagnose unterscheidet der Arzt nach Haupt- und Zusatzsymptomen. Dabei müssen nicht alle Haupt- und Zusatzsymptome gleichzeitig auftreten. Die Anzahl der vorhandenen Krankheitszeichen macht es dem Arzt auch möglich, den Schweregrad der Erkrankung zu bestimmen.

Hauptsymptome:

  • depressive Stimmung (nicht mit Trauer gleichzusetzen): „Ich fühle mich innerlich völlig leer.“
  • Interessenverlust, Freudlosigkeit: „Ich kann mich an nichts mehr erfreuen, nichts macht mehr Spaß.“
  • Antriebsmangel: „Ich habe keine Kraft mehr, morgens aufzustehen und mich zu waschen.“

Zusatzsymptome:

  • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • Gefühl von Schuld/Wertlosigkeit
  • negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
  • Selbsttötungsgedanken oder -handlungen
  • Schlafstörungen
  • verminderter Appetit

Depressionen verstecken sich auch häufig hinter körperlichen Beschwerden: Alle Organe können im Grunde betroffen sein, z. B. Spannungs- und Druckgefühle sowie Schmerzen im Kopf oder in der Herzgegend, Nacken- und Rückenschmerzen, Probleme im Magen-Darmtrakt mit Erbrechen, Verstopfung oder Durchfall, Atemstörungen, Schluckstörungen, Menstruationsprobleme. Hier müssen körperliche Ursachen durch weiterführende Untersuchungen ausgeschlossen werden – für die Betroffenen bleiben die Beschwerden auch dann sehr real und belastend.

Ein nachlassendes Interesse an Sexualität (Libidoverlust), Unruhe und Rastlosigkeit sowie Entscheidungsunfähigkeit sind ebenfalls häufig auftretende Symptome im Rahmen einer depressiven Erkrankung.

Wie wird eine Depression behandelt?
Die beiden Säulen sind die medikamentöse Therapie mit so genannten Antidepressiva und die Psychotherapie. Antidepressiva wirken auf den Stoffwechsel im Gehirn, indem sie die Menge der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin regulieren und so das Gleichgewicht wieder herstellen. Hier stehen dem Arzt vielfach bewährte Wirkstoffe zur Verfügung.

Manche Patienten lehnen die Einnahme von Antidepressiva besorgt ab, doch Ängste sind hier unbegründet: Antidepressiva wirken gezielt gegen die depressive Erkrankung, sie machen nicht abhängig, und sie verändern nicht die Persönlichkeit!

Bei der Psychotherapie versucht der Therapeut die Gründe, die zu der depressiven Erkrankung geführt haben, zu finden und zu behandeln. Welches psychotherapeutische Verfahren zum Einsatz kommt, wird der Arzt von Fall zu Fall individuell entscheiden. Sehr gut belegt ist die Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer und tiefenpsychologischer Maßnahmen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten, wie z. B. Musik-, Kunst- oder Tanztherapie. Diese Therapieformen können dem Betroffenen Erleichterung bringen – immer muss allerdings der Arzt mit einbezogen werden. Gerade bei schweren Depressionen muss unbedingt eine Behandlungsstrategie gewählt werden, die eine zuverlässige Wirksamkeit gewährleistet.

Für den Erfolg einer Therapie ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Patient und Arzt sehr wichtig. Wenn z. B. während der Tabletteneinnahme Nebenwirkungen auftreten, sollte man sich umgehend an den Arzt wenden. Auch die Einhaltung der Einnahmevorschriften ist unbedingt notwendig. Leider muss der Patient immer auch ein wenig Geduld mitbringen: Die Wirkung von antidepressiven Arzneimitteln ist häufig erst nach einigen Wochen spürbar. Dann aber wird erkennbar, dass es wieder bergauf geht.

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