Mittelohrentzündung

Zwischen 80 und 90 Prozent der Kinder erkranken innerhalb der ersten drei Lebensjahre mindestens einmal an einer Mittelohrentzündung. Zwischen Dezember und März häufen sich die Fälle in den Arztpraxen, denn bei vielen Kindern ist eine Erkältung, insbesondere der oberen Luftwege, der Auslöser. Eine Mittelohrentzündung kann äußerst schmerzhaft sein und die Kinder sehr belasten.

Was ist eine Mittelohrentzündung?
Bei einer Mittelohrentzündung (medizinischer Fachbegriff: Otitis media) sind die Schleimhäute des Mittelohrs entzündet. In der Regel entsteht die Erkrankung im Rahmen einer Erkältung und beginnt schmerzfrei mit einem Druck- und Völlegefühl im Ohr, mit Hörminderung und / oder mit Ohrgeräuschen.

Innerhalb von wenigen Stunden entwickeln sich – meist heftige – stechende und pulsierende Ohrenschmerzen, die häufig mit Kopfschmerzen, Schwindel und hohem Fieber einhergehen. Auch Erbrechen und Durchfall können Begleitsymptome sein.

Wer ist betroffen?
Betroffen sind vor allem Kinder zwischen sechs Monaten und sechs Jahren. Aber auch ältere Kinder und Erwachsene können an einer Mittelohrentzündung erkranken.

Wie entsteht eine Mittelohrentzündung?
Oft beginnt eine Mittelohrentzündung mit einer Erkältung. In ca. 80 Prozent ist ein Virus-Infekt der Schleimhäute der oberen Luftwege die Ursache, in nur 20 Prozent sind Bakterien die Verursacher. Allerdings kommt häufig zusätzlich zu den Virus-Infekten im Nasen-Rachen-Raum eine bakterielle Infektion hinzu.

Kinder sind aus anatomischen Gründen besonders oft von Mittelohrentzündungen betroffen. Das Mittelohr liegt hinter dem Trommelfell und ist über die Eustachische Röhre, auch Ohrtrompete genannt, mit dem Nasen-Rachen-Raum verbunden. Bei Kindern ist die Ohrtrompete kürzer und enger als bei Erwachsenen. So können Erreger leichter aus dem Nasen-Rachen-Raum aufsteigen. Kommt es durch einen Schnupfen zu einer Schwellung der Ohrtrompete, kann entstehendes Sekret nicht mehr richtig abfließen und Viren oder Bakterien können ins Mittelohr gelangen und dort eine Entzündung auslösen.

Eine Mittelohrentzündung ist nicht ansteckend, es gibt jedoch Faktoren, die das Auftreten begünstigen, wie z. B. vergrößerte Rachenmandeln (Polypen) oder Passivrauchen. Ob Allergien als begünstigender Faktor gelten, wird immer wieder diskutiert.

Vorbeugend wirken Stillen und verschiedene Impfungen, wie z. B. gegen Influenza oder Pneumokokken.

Welche Formen von Mittelohrentzündung gibt es?
Unterschieden wird zwischen der akuten Mittelohrentzündung und dem chronischen Verlauf:

Akute Mittelohrentzündung: Eine akute Mittelohrentzündung zeichnet sich durch einen plötzlichen Beginn mit meist sehr starken Schmerzen aus. Bei einer beginnenden Mittelohrentzündung sind kleine Patienten oft weinerlich, haben keinen Appetit und klagen über Kopf- oder Bauchschmerzen. Oft kommt es dann abends oder nachts zu stechenden, pulsierenden Ohrenschmerzen, hohem Fieber, Erbrechen, Durchfall, manchmal auch einem verminderten Hörvermögen. Kleine Kinder, die noch nicht richtig sprechen können, fassen sich oft ans Ohr und weinen viel.

In der Regel heilt die akute Mittelohrentzündung bei entsprechender Behandlung und Beobachtung komplikationslos wieder ab.

Bei Verdacht auf eine akute Mittelohrentzündung ist immer ein Kinder- und Jugendarzt aufzusuchen. Treten die Schmerzen nachts auf, können Eltern zunächst ein Schmerzmittel, wie z. B. Paracetamol oder Ibuprofen, in altersgerechter Dosierung verabreichen und am nächsten Morgen mit ihrem Kind zum Kinderarzt gehen.

Tritt eine eitrige, manchmal auch blutige Flüssigkeit aus dem Ohr aus, ist dies ein Zeichen dafür, dass das Trommelfell eingerissen ist. Dadurch kommt es zu einer Druckentlastung, und der Schmerz lässt plötzlich nach. Nach ein paar Tagen schließt sich das Trommelfell wieder von selbst. Trotzdem sollten Eltern auch in diesem Fall einen Kinderarzt aufsuchen.

Chronische Mittelohrentzündung: Dauert die Mittelohrentzündung länger als drei Monate an, wird sie als chronisch bezeichnet. Dabei sammelt sich immer wieder Flüssigkeit im Mittelohr – Kinder haben jedoch in den meisten Fällen keine starken Schmerzen.

Andauernder Ausfluss aus dem Ohr sowie ein vermindertes Hörvermögen sollten Eltern aber aufmerksam machen. Suchen Sie mit Ihrem Kind am besten einen Kinderarzt oder einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO-Arzt) auf, denn eine chronische Mittelohrentzündung muss auf jeden Fall behandelt werden. Andernfalls kann sie zu dauerhaften Hörschäden führen.

Wie stellt der Arzt eine Mittelohrentzündung fest?
Der Arzt befragt Eltern und, je nach Alter, das Kind nach den Beschwerden und dem Verlauf der Erkrankung. Danach untersucht er das Trommelfell, die Nase, den Nasen-Rachen-Raum, den Rachen und die Nasen-Nebenhöhlen. Auch ein Hörtest wird in der Regel durchgeführt.

Die Untersuchung des Trommelfells erfolgt mithilfe eines Otoskops. Damit kann der Arzt den Zustand des Trommelfells begutachten. Typische Entzündungsanzeichen sind ein vorgewölbtes Trommelfell oder eine Rötung. Der Arzt kann auch feststellen, ob Risse oder Verletzungen vorliegen oder ob sich hinter dem Trommelfell eine Flüssigkeitsansammlung befindet.

Wie wird eine Mittelohrentzündung behandelt?
In der Regel verordnet der Arzt abschwellende Nasentropfen oder -sprays sowie schmerzstillende und fiebersenkende Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen. Die Nasentropfen oder -sprays verbessern die Belüftung des Mittelohrs. Sie sollten allerdings nicht länger als sieben Tage angewendet werden.

Ob außerdem die Einnahme eines Antibiotikums sinnvoll ist, entscheidet der Kinderarzt bzw. der HNO-Arzt von Fall zu Fall. Bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen verläuft die Erkrankung meist schwerer, so dass hier häufiger Antibiotika verschrieben werden. Wie bei allen Antibiotika-Therapien ist es wichtig, die vom Arzt verordnete Dosierung und Dauer der Einnahme genau einzuhalten, um Rückfälle zu vermeiden.

Unkomplizierte Mittelohrentzündungen heilen in den allermeisten Fällen innerhalb von zwei bis sieben Tagen aus. Tritt keine Besserung der Beschwerden auf oder fühlt sich das Kind sogar schlechter, sollte erneut der Arzt aufgesucht werden.

In bestimmten Fällen ist ein operativer Eingriff nötig: die Parazentese. Dabei wird das Trommelfell mit einem kleinen Schnitt geöffnet, um den Erguss im Mittelohr absaugen zu können. Eine Parazentese erfolgt bei Erwachsenen unter örtlicher Betäubung, bei Kindern unter Vollnarkose.

Damit sich die operative Öffnung des Trommelfells nicht sofort wieder schließt, kann ein sogenanntes Paukenröhrchen eingelegt werden. Dieses Kunststoff-, Titan- oder Gold-Röhrchen setzt der Arzt in den Schnitt ein. Das Sekret kann weiter ablaufen, das Mittelohr wird belüftet und kann ausheilen. Das Paukenröhrchen stößt sich innerhalb von sechs bis zwölf Monaten selbst in den Gehörgang ab oder wird operativ entfernt. Danach heilt das Trommelfell in der Regel von selbst zu.

Was können Eltern sonst noch tun?
Eltern können darauf achten, dass der kleine Patient mit leicht erhöhtem Kopf schläft – das erleichtert das Abfließen von Sekret. Auch Zwiebelsäckchen können unterstützend eingesetzt werden. Manchmal findet das Kind auch Wärme angenehm und lindernd: Hier eignet sich z. B. das Auflegen eines kleinen Traubenkernkissens oder die Bestrahlung mit Rotlicht.

Wichtig ist vor allem auch, dass das Kind viel trinkt, da der Körper bei hohem Fieber viel Flüssigkeit verliert. Gut geeignet sind z. B. Wasser, Tee oder verdünnte Säfte. Stillbabys sollten öfter angelegt werden.

Welche Komplikationen und Folgeerkrankungen können auftreten?
Eine schwere Komplikation der Mittelohrentzündung ist die Mastoiditis: Hierbei breitet sich die Entzündung in die lufthaltigen Kammern des Schädelteils aus, das hinter den Ohren liegt, das sogenannte Mastoid. Anzeichen einer Mastoiditis sind meist eine schmerzhafte Schwellung und Rötung der Haut hinter der Ohrmuschel. Eine Mastoiditis wird mit hochdosierten Antibiotika behandelt. Ohne sachgerechte Behandlung kann sie z. B. zu einer Entzündung der Hirnhaut oder einer Lähmung der Gesichtsnerven führen.

Als Folge häufiger Mittelohrentzündungen kann es zu Vernarbungen kommen, die wiederum eine Verschlechterung des Hörvermögens verursachen. Bei Kindern kann dadurch die Sprachentwicklung verlangsamt werden.

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